Islands Premier Sigmundur David Gunnlaugsson ist nach anhaltenden Protesten nun doch zurückgetreten. Das teilte ein Sprecher der liberalen Fortschrittspartei am späten Mittwochabend nach ausführlichen Beratungen mit allen Parteien mit.
Neuer Regierungschef wird Sigurdur Ingi Johansson, er war bisher Landwirtschafts- und Fischereiminister. Die Regierung will damit ohne ihren durch die «Panama Papers» in die Kritik geratenen Chef Gunnlaugsson weitermachen und im Herbst, ein halbes Jahr vor Ende der Legislatur, Neuwahlen ansetzen.
Opposition hält an Misstrauensvotum fest
Die Oppositionsparteien hingegen blieben bei ihrem Vorhaben, die Regierung mit einem Misstrauensvotum zu stürzen und Neuwahlen innerhalb von 45 Tagen zu erreichen.
Die Regierungskrise in Island war durch die ersten Veröffentlichungen der «Panama Papers» am Sonntag ausgelöst worden. Demnach haben der scheidende Ministerpräsident Gunnlaugsson und seine Frau Millionen in einer Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln geparkt. Gunnlaugsson soll seine Anteile inzwischen an seine Frau überragen haben.
Eier und Bananen gegen Parlamentsgebäude
In einem Schreiben an die internationale Presse bestritt der Politiker am Dienstagabend, die Vermögenswerte den Finanzbehörden verheimlicht zu haben. Er weigerte sich zurückzutreten, obwohl seine Partei zuvor seinen Rückzug verkündet hatte.
Am Mittwochabend hatten den dritten Tag in Folge Tausende Isländer in Reykjavík demonstriert und das Parlamentsgebäude aus Ärger über die Politik mit Eiern und Bananen beworfen.
Absurdes Verhalten Gunnlaugssons?
In einer Pressemitteilung, die sein Büro am Dienstagabend verbreitete, hiess es: «Der Ministerpräsident ist nicht zurückgetreten und wird weiterhin als Vorsitzender der Fortschrittspartei tätig sein.» Er habe nur vorgeschlagen, dass sein Stellvertreter Ingi Jóhannsson das Regierungsamt vorübergehend übernehme.
Ein angesehener isländischer Historiker nannte Gunnlaugssons Verhalten am Mittwoch absurd. «Man kann nicht seine Erlaubnis abgeben, Ministerpräsident zu sein, und dann sagen, man wird sie nach einiger Zeit zurückbekommen», sagte Gudni Johannesson dem isländischen Fernsehen. «Diese Pressemitteilung ist absurd und erklärt nicht, was gestern in Island passiert ist.»
Keine Geheimnisse vor den Steuerbehörden?
Die «Panama Papers» enthalten Medienberichten zufolge Informationen über die Firma Wintris auf den Britischen Jungferninseln, auf die Millionen geflossen sein sollen. Gunnlaugsson und seine spätere Frau sollen daran zunächst gleichberechtigt beteiligt gewesen sein.
2009 habe der liberale Politiker seine Anteile aber an seine Frau übertragen. Gunnlaugsson erklärte, weder er noch seine Frau hätten zu irgendeiner Zeit Geheimnisse vor den isländischen Steuerbehörden gehabt.
Proteststürme
Die Enthüllungen hatten die nach Polizeiangaben grössten Proteste in der Geschichte der kleinen Inselrepublik ausgelöst.
Am Montagabend waren bis zu 12'000 Menschen gegen Gunnlaugsson auf die Strasse gegangen. Auch für Dienstag hatten sich mehr als 2000 Menschen über Facebook verabredet.