Sie tanzen, hüpfen und ziehen sich aus: Die wichtigste Aufgabe der meisten Frauen im italienischen Fernsehen war es bisher, gut auszusehen. Bunte Unterhaltungsshows mit viel Haut galten als Markenzeichen der Programme im «Bunga Bunga»-Land von Medienzar und Ex-Premierminister Silvio Berlusconi.
Anna-Maria Tarantola will dieser Darstellung der Frauen ein Ende bereiten. Sie stammt aus dem konservativen-katholischen Lager und ist seit Juli 2012 Intendantin des öffentlich-rechtlichen Fernsehkonzerns Rai.
Verändert hat sich seither aber nur wenig, sagt Italien-Korrespondent Massimo Agostinis im Gespräch mit SRF. «Es gibt immer noch viele junge Frauen, die irgendwo auf der Bühne herumstehen, ohne eine wirkliche Funktion.» Dies zeigt auch ein Ausschnitt vom staatlichen italienischen Fernsehsender Rai Due aus dem Jahr 2011.
Am augenfälligsten sei die Zurschaustellung bei der Kameraführung, erklärt er. «Bei irgendwelchen Sendungen, wenn beispielsweise eine Kandidatin auftritt, sieht man häufig, dass die Kamera bei den Füssen beginnt, die Beine hochklettert und über den Po beim Gesicht landet – und oft gleich wieder herunter zu den Beinen.» Das wäre bei uns unvorstellbar, ist Agostinis überzeugt, weil man das für sexistisch halten würde.
«Miss Italia»-Wahl abgeschafft
«Ich mag es nicht, wie Frauen im Fernsehen gezeigt werden», sagte Tarantola nach ihrem Amtsantritt. Die Frauen sollten in zeitgenössischerer Weise dargestellt werden, forderte sie. Die Rai-Programme müssten mehr Qualität vorweisen und weniger banal sein.
Tarantola trieb ihre Reformpläne zunächst im Stillen voran. Ein erstes Zeichen setzte sie mit der Abschaffung der «Miss Italia»-Wahl. Das löste heftige Debatten aus. Viele Italiener wollten nicht auf die Show verzichten. Parlamentspräsidentin Laura Boldrini unterstützte das Vorhaben: «Italienische Frauen müssen sich im Fernsehen zeigen können, ohne mit einer Nummer auf dem Laufsteg auf und ab zu laufen.»
Doch trotz diesen Plänen werden Berlusconis Mediaset-Kanäle den leicht bekleideten Frauen vermutlich treu bleiben und damit einen grundlegenden Wandel verhindern.