Der frühere jugoslawische Generalstabschef Momcilo Perisic ist frei. Er wurde vom UNO-Tribunal für Ex-Jugoslawien in der Berufungsverhandlung freigesprochen. Der Vorsitzende Richter Theodor Meron ordnete die «sofortige Freilassung» Perisics an. Dieser war am 6. September 2011 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vom Haager Tribunal zu 27 Jahren Haft verurteilt worden.
Es sei «nicht ohne begründete Zweifel bewiesen», dass Perisic die Truppen der kroatischen und bosnischen Serben unterstützt habe, urteilte die Haager Berufungskammer nun. Zweifel bestünden insbesondere an Perisics Beteiligung an den von den bosnisch-serbischen Truppen in Sarajevo und Srebrenica begangenen Verbrechen.
Unter Perisics Führung habe die jugoslawische Armee die bosnisch-serbischen Truppen eher allgemein bei ihren Kriegsanstrengungen unterstützt. Die Hilfe sei weniger auf die von bosnisch-serbischen Truppen begangenen Verbrechen ausgerichtet gewesen, so die Begründung.
Ein enger Mitarbeiter von Ex-Präsident Milosevic
Perisic war von 1993 bis 1998 Generalstabschef der jugoslawischen Armee. Bei seiner Verurteilung von 2011 hiess es zur Begründung, dass er in dieser Funktion im Kroatien-Krieg (1991-95) und im Bosnien-Krieg (1992-95) die Truppen der kroatischen und bosnischen Serben mit Soldaten, Waffen und logistischer Hilfe unterstützt habe. Er wurde in zwölf Anklagepunkten schuldig gesprochen, unter anderem wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Verurteilt wurde Perisic in erster Instanz wegen seiner Mitverantwortung für die 44-monatige Belagerung von Sarajevo sowie für das Massaker von Srebrenica. In Sarajevo starben rund 10'000 Zivilisten, beim Massaker von Srebrenica wurden rund 8000 muslimische Männer von Serben umgebracht. Ausserdem wurde Perisic für die Bombenangriffe auf die kroatische Hauptstadt Zagreb im Mai 1995 verurteilt.
Der heute 68jährige galt als enger Mitarbeiter des früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, der 2006 vor dem Ende seines Prozesses im Gefängnis des UNO-Tribunals starb.
Das neuste Urteil aus den Niederlanden bedeutet, dass bislang kein einziger ranghoher ehemaliger jugoslawischer Verantwortlicher für die in Bosnien begangenen Verbrechen während des Jugoslawien-Konflikts Anfang in den 1990er Jahren rechtskräftig verurteilt wurde.
