Vielleicht war's Langeweile, vielleicht ahnte er es. Der Spanier, um den es in dieser Geschichte geht, googelte auf jeden Fall seinen Namen. Und stiess dabei auf einen Link auf eine Zeitung, in der zu lesen war, dass sein Haus zwangsversteigert wurde, weil er Schulden bei den Sozialversicherungen hatte. Das ist mehr als zehn Jahre her, dachte er. Eine alte Geschichte, die soll jetzt auch im Web vergessen werden. Er bat die Zeitung, dass sie den Artikel lösche. Vergeblich. Publiziert ist Publiziert. Darauf bat er Google um Löschung der Links. Wiederum vergeblich. Unsere Suchmaschine wird von Kalifornien aus betrieben, sagte Google, europäische Datenschutzanliegen sind für uns nicht von Belang.
Internetsuche vor Gericht
Über den spanischen Datenschutz und ein spanisches Gericht landete der Fall schliesslich beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Es sei das erste Mal, dass der EUGH sich mit Datenschutz im Zusammenhang mit einer Internetsuchmaschine befasse, stellt der Generalanwalt des Gerichtes in seinem 44-seitigen Antrag heute fest. Und dann erinnert er den globalen Konzern Google an seine lokalen Verpflichtungen.
Google habe viele Niederlassungen in Europa, schreibt er sinngemäss, und die verkauften Werbefläche an europäische Kunden. Das Werbegeschäft sei aber vom Suchmaschinendienst nicht zu trennen. Also müsse Google die europäischen Datenschutzbestimmungen einhalten, auch wenn die Server alle in Kalifornien stünden. Oder kurz: Wer hier Geschäfte macht, soll sich auch an die hiesigen Regeln halten.
Lockere Bestimmungen für Google
Nur, fährt er dann fort, sind diese Regeln für eine Suchmaschine wie Google sehr locker. Google diene der Lokalisierung von Informationen, sei aber nicht für die Informationen verantwortlich und könne sie weder kontrollieren noch beeinflussen. Verantwortlich für die Informationen seien die Anbieter der Webseiten, auf die Google lediglich verweise.
Im Falle unseres Spaniers wäre das die Zeitung, die seine Pfändungsgeschichte immer noch im Web anbietet. Doch der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs ist der Ansicht, dass auch sie nicht gezwungen werden kann, die Geschichte zu löschen. Auch im Internet gelte die Meinungs- und die Informationsfreiheit, schreibt er. Hohe Güter, die nur in sehr seltenen Fällen zu relativieren seien, etwa wenn die Privatsphäre verletzt werde.
Ein paar Klicks reichen aus
Eine überraschend klare Position. Immerhin lässt er aber auch durchblicken, dass die Datenschutzbestimmungen aus den 90er Jahren stammen. Aus einer Zeit also, wo noch niemand ahnen konnte, wie sich das Web und Google entwickeln würden. Früher hätte man ein Zeitungsarchiv durchstöbern müssen, heute reichen ein paar Klicks, um an die alte Geschichte des Spaniers zu kommen.
Dennoch hält der Generalanwalt fest: Ein Recht auf Vergessenwerden gibt es noch nicht. Und er lässt durchblicken, dass das seines Erachtens auch so bleiben sollte.