Seit Mitte Woche appellierten die Vereinten Nationen an Präsident Joko Widodo, auf die Hinrichtung von 14 zum Tode verurteilten Drogenhändlern zu verzichten. Vergeblich: Vier von ihnen wurden in der Nacht auf Freitag bei strömendem Regen auf der Gefängnisinsel Nusa Kambangan erschossen, wie lokale Fernsehsender berichten. Weitere Exekutionen sollen in den nächsten Tagen folgen. Südostasien-Korrespondentin Karin Wenger hatte Kontakt mit dem Anwalt des hingerichteten Nigerianers Humphrey Jefferson.
SRF News: Warum setzt Widodo weiterhin auf die Todesstrafe für Drogenhändler?
Karin Wenger: Widodo hat seiner Wählerschaft vor zwei Jahren versprochen, hart gegen Drogenkriminelle vorzugehen. Drogen sind in Indonesien ein riesiges Problem. Widodo sagte gar, er werde Indonesien bis 2015 drogenfrei machen. Dieses Ziel hat er verfehlt, gibt es doch gemäss Statistiken heute mehr Drogenabhängige als bei seinem Amtsantritt. Unter dem Slogan «Wir brauchen eine Schocktherapie» liess er bereits im vergangenen Jahr 14 Drogenhäftlinge hinrichten, obwohl viele bezweifeln, dass die Todesstrafe eine abschreckende Wirkung hat.
Unter den Hingerichteten sind vor allem Ausländer. Was bedeutet das?
Das sagt sehr viel aus. Vor allem, dass sich Widodo an ein einheimisches Publikum richtet. Drogen und Drogenkriminelle sind in Indonesien extrem verhasst, aber er gewinnt natürlich einfacher politisches Kapital, indem er ausländische Gefangene hinrichten lässt. Die meisten Hingerichteten im letzten Jahr waren Ausländer. Auch diesmal sind zehn der 14 Todeskandidaten Ausländer.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Hinrichtungen. Sie sprachen mit dem Anwalt eines Hingerichteten. Was ist dessen Hauptkritik?
Der Anwalt macht vor allem geltend, dass das Geständnis seines Mandanten Humphrey Jefferson unter Folter erzwungen worden sei. Jefferson sei unschuldig gewesen. Der 34-jährige Nigerianer war Priester und besass ein Restaurant, wo die Polizei 1,7 Kilogramm Heroin fand. Nach der Verhaftung und Verurteilung wartete er zwölf Jahre auf seine Hinrichtung. In dieser Zeit gestand ein anderer Nigerianer, dass er die Drogen im Restaurant versteckt habe. Trotzdem wurde der Fall Jefferson nicht wieder aufgerollt. Jefferson ist laut Menschenrechtsorganisationen kein Einzelfall. So sollen viele der über 120 im Todestrakt sitzenden Verurteilten nur unter Folter gestanden haben und eigentlich unschuldig sein. In den meisten Fällen handelt es sich um mutmassliche Drogendelinquenten.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.