Der Vatikan ist nervös. Zwei mutmassliche Informanten aus der Kurie wurden am Wochenende kurzerhand unter Arrest gestellt. Sie sollen den geheimen oder zumindest vertraulichen Stoff für zwei neue Enthüllungsbücher geliefert haben, die heute in Rom veröffentlicht werden. Autoren sind die beiden Journalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi. Ersterer hatte bereits vor drei Jahren mit einer Veröffentlichung den Vatileaks-Skandal ausgelöst. Fragen an SRF-Italien-Korrrespondent Franco Battel zu den Vorwürfen, die bisher durchgesickert sind.
SRF News: Wie brisant sind die Enthüllungen?
Franco Battel: Sie sind insofern brisant, als sie sich auf streng geheime Dokumente aus dem Innersten des Vatikans stützen. Sie wurden entwendet und sind nun öffentlich geworden.
Gibt es Beispiele für solche Machenschaften bestimmter Würdenträger?
In italienischen Medien wird beispielsweise der Peterspfennig genannt. Es ist eine Spende, die weltweit in der katholischen Kirche zugunsten des Vatikans eingezogen wird. Das hauptsächlich für karitative Zwecke bestimmte Geld soll aber einfach in die Verwaltung des Vatikans geflossen und in den Bilanzen einzelner Kardinäle versickert sein. Genannt wird auch das Kinderspital Bambino Gesù. Mittel für diese Institution sollen in die Luxussanierung der Gemächer von Kurienkardinal Tarcisio Bertone geflossen sein.
Papst Franziskus hat Transparenz versprochen, nun hat er Informanten in Arrest genommen. Wie ist diese Reaktion zu werten?
Mit dieser scharfen Reaktion will der Papst offensichtlich zeigen, dass er die Weitergabe von vertraulichen Dokumenten nicht als Kavaliersdelikt betrachtet. Darum hat wohl das winzige Polizeikorps am Wochenende gleich zwei Mal zugeschlagen gegen die Personen, die massenhaft Dokumente weitergegeben haben sollen.
Sind die zu erwartenden Enthüllungen mit jenen vergleichbar, die der Journalist Gianluigi Nuzzi vor einigen Jahren mit Vatileaks gemacht hat?
Das ist sehr wahrscheinlich. Möglicherweise ist das Material noch belastender als die Amtsgeheimnisse, die der Kammerdiener des damaligen Papstes Benedikt verraten hatte. Denn jetzt geht es um wichtige, vertrauliche Finanzdokumente, die vielleicht noch sensiblere Bereiche des Vatikans betreffen.
Das Gespräch führte Andreas Lüthi.