Es ist eine kleine italienische Korruptionsgeschichte, die sich so oder ähnlich an vielen Orten zutragen könnte: Ein Mafioso, offiziell ein Leichenbestatter, ködert und kauft einen Gemeindepolitiker. Für das Geld will er eine Gegenleistung, er will die Verwaltung des kommunalen Fussballstadions. Was im fussballverrückten Italien meist ein gutes Geschäft ist.
Soweit so alltäglich, könnte man meinen. Einzige Besonderheit ist, dass der geschmierte Politiker Gemeindeparlamentarier des Movimento Cinque Stelle war. Das auf jeden Fall sagen die Ermittlungsbehörden.
Korruption ist überall
Die Unbescholtenheit und der lupenreine Leumund waren bisher die Markenzeichen von Beppe Grillos Bewegung. Wenn irgendwo im Land auch nur der leiseste Zweifel aufkam, brüllte als erster Grillo: «Den Mächtigen auf die Finger schauen und Korrupte nach Hause schicken.» Das war der Schlachtruf und seine Anhänger wiederholten ihn willig.
Nun aber scheint die Korruption das Movimento eingeholt zu haben. Und sofort ändert sich die Tonlage, beispielsweise wenn Rosa Capuozzo, die Bürgermeisterin jener Gemeinde im Hinterland Neapels spricht, in der die Mafia das Fussballstadion übernehmen wollte. Sie habe die Unterstützung der Bewegung und der Bürger. Ein Rücktritt komme nicht in Frage, weil es dafür keinen Grund gebe, behauptet Capuozzo, seit letztem Juni Bürgermeisterin des Movimento.
Zuerst verteidigte Grillo seine Bürgermeisterin. Doch dann kamen immer peinlichere Details ans Tageslicht: Die lokale Mafia soll im letzten Sommer zur Wahl des Movimento regelrecht aufgerufen haben. Dass das nicht gratis war, versteht sich von selbst. Seit das bekannt ist, fordert nun auch Grillo den Rücktritt von Capuozzo und Neuwahlen.
Von der Fünfsternpartei auf Normalmass geschrumpft
Wie viel politisches Kapital Grillo und das Movimento verloren haben, lässt sich noch nicht absehen. Dass alle anderen Parteien in mehr und schlimmere Skandale verwickelt sind, könnte Grillo helfen. Schaden aber dürfte der Umstand, dass Grillos Leute erst in wenigen Städten regieren. Aber nicht einmal auf diesem überschaubaren Terrain für Ordnung sorgen können.
Denn auch in Parma und Livorno, den beiden grössten Städten, in denen das Movimento bisher regiert, fällt die Bilanz zwiespältig aus: Livorno bekommt auch unter der neuen Führung sein Abfallproblem nicht in den Griff. Und der Bürgermeister von Parma hat vor allem darum Erfolg, weil er sich von Grillo und seinen eigenen, überrissenen Wahlversprechungen weitgehend losgesagt hat. An der Macht schrumpft das Movimento ziemlich schnell auf Normalmass.