Viele Menschen im östlichen Europa hat der Schweizer Franken in den finanziellen Ruin getrieben. Die Banken schwatzten ihnen für eine Wohnung oder ein Haus einen Kredit in Schweizer Franken auf und warben mit äusserst tiefen Zinsen.
Als die Nationalbank den Kurs des Frankens gegenüber dem Euro nicht mehr stützte, konnten sich viele die Raten nicht mehr leisten. In Kroatien hat das Parlament vor kurzem ein Gesetz beschlossen, das die Banken zwingt, für den gesamten Schaden aufzukommen. Dies nicht per Zufall direkt vor den Wahlen.
Plötzlich ein Drittel mehr Schulden
Natasa Skaricic sitzt an einem Tisch, trinkt einen Minzentee und schaut aus dem Fenster. Der Blick aus dem Hochhaus in Zagreb geht ins Grüne, auf weitere Hochhäuser und Blocks aus der Tito-Zeit Jugoslawiens. «Diese Wohnung hat zirka 80 Quadratmeter und ist gut für drei Personen. Wir haben sie 2008 gekauft, kurz vor der Krise, als die Immobilien-Preise noch sehr hoch waren», erzählt sie.
Die Bank hat ihr gar nichts anderes angeboten als einen Kredit in Schweizer Franken. Und auf das Währungsrisiko machte sie nicht aufmerksam. Gekostet hat die Wohnung damals gut 150'000 Euro, in kroatischen Kuna rund 1,2 Millionen.
«Seither habe ich sieben Jahre lang alle Raten bezahlt, aber ich schulde der Bank jetzt nicht mehr nur 1,2 Millionen sondern gleich 1,6 Millionen. Alles nur weil der Kurs des Franken gegenüber dem Euro und der Kuna dermassen angestiegen ist», sagt die Journalistin, die inzwischen genauso arbeitslos ist wie ihr Mann.
Verlust wird auf die Banken verlagert
Würde dessen Familie nicht einspringen und die Raten zahlen, würden sie und ihr Mann aus der Wohnung vertrieben. Die Bank der Skaricics war nicht bereit, den Kredit neu auszuhandeln. Sie will den gesamten Zinsgewinn einstreichen und den ganzen Währungsverlust den Kunden anlasten.
Im September hat das kroatische Parlament ein Gesetz beschlossen, das Leuten wie Natasa Sakricic und ihrem Mann hilft. Die Banken müssen die Frankenkredite zum Kurs von vor der Krise in Euro umwandeln und die bisher bezahlten Raten entsprechend anrechnen. Das heisst, das gesamte Währungsrisiko, der gesamte Währungsverlust wird von den Kunden jetzt auf die Banken verlagert.
Natürlich haben die Banken aufgeheult. Sie wollen höchstens für einen Teil des Schadens aufkommen und reichten beim Verfassungsgericht eine Klage ein. Das Gesetz greife rückwirkend in gültige Verträge ein, kritisieren sie. Das Urteil wird aber noch auf sich warten lassen.
Wirtschaftsexperte Damir Novotny ist auf der Seite der Banken. Weil es der Staat versäumt habe, Regeln für Fremdwährungskredite aufzustellen und damit die Bankkunden vor einem Debakel zu schützen, müsse der Staat jetzt einen Teil des Schadens übernehmen.
Am Wochenende wird in Kroatien gewählt. Weder die Linke noch die Rechte brillieren mit überzeugenden Programmen gegen die Krise. Dafür überbieten sie sich gegenseitig, indem sie den Wählern materielle Erleichterungen versprechen.
Premier inszeniert sich als Robin Hood
Kaum jemand zweifelt daran, dass der sozialdemokratische Premier Zoran Milanovic das Gesetz zu den Frankenkrediten jetzt beschliessen liess, weil Wahlen bevorstehen, auch Novotny nicht. Das bedeutet: Es geht dem Premier nicht nur um Erleichterungen für die direkt betroffenen Kreditnehmer, sondern auch darum, sich als Robin Hood in Szene zu setzen und die verhassten Banken hart anzupacken.
Ähnlich lief es in Ungarn und in Polen. Auch dort wurde die Politik erst aktiv, als es wahltaktisch interessant wurde. Am Geschäft mit den Frankenkrediten verdienten vor allem österreichische Banken. Sie machten in den anderen Ländern ungeniert weiter, auch als diese Kredite in Österreich selber verboten worden waren.
Zweifel an Umsetzung nach Wahltermin
Im Fall der Skaricics bringt das Gesetz eine spürbare Erleichterung. Ihre Schuld gegenüber der Bank wird um 30 Prozent kleiner. Aber die arbeitslose Natasa ist immer noch misstrauisch: «Die Banken haben Zeit bis zum 15. November, die Kredite in Euro umzuwandeln, das ist eine Woche nach den Wahlen.»
Gut möglich, dass einzelne Banken darauf spekulieren, dass die Konservativen gewinnen, und dass sie darum nicht vorwärts machen mit dem Ausstellen neuer Verträge. Ein Regierungswechsel könnte das Gesetz tatsächlich wieder in Frage stellen – ebenso das ausstehende Urteil des Verfassungsgerichts. Mit Sicherheit hat das Frankengesetz bisher nur seinen wahltaktischen Zweck erfüllt.