Das sozialistische Kuba hat die Reiseregelungen für seine Bürger gelockert. In verschiedenen Stadtvierteln sind in Havanna vor den Ämtern dutzende Personen für einen Pass angestanden. Die regimekritische Bloggerin Yoani Sánchez stand zuvorderst in einer Schlange. Sie wartete die ganze Nacht, bis die Behörden die Türen öffneten, während dem sich immer mehr Leute einreihten.
Kampf gegen die Dämone
«Wenn es vor dem Amt meines Bezirks Plaza schon so viele Leute hat, dann sind es landesweit bestimmt Tausende», twitterte Sánchez am frühen Morgen.
Dennnoch, die landesweit 195 Passbüros wurden nicht überrannt. Denn viele Kubaner können sich keine Ausreise leisten. Zudem müssen sie für die meisten Länder weiterhin ein Visum beantragen.
Für Sánchez war es dennoch ein grosser Moment: «Das war ein Kampf gegen die Dämone der absurden Reisebestimmungen. Nach 20 Ablehnungen für eine Ausreise, scheint das Ja jetzt so nahe», twittert die 37jährige. Die Funktionärin im Passbüro hätte ihr versichert, sie dürfe ausreisen, sobald sie einen Pass besitze. «Ich glaube es noch immer nicht!», Die Ausstellung des Passes dauert laut Sánchez 15 Tage.
«Jetzt müsste ich wissen, ob auch andere Aktivisten reisen können», sorgt sich Sánchez. Gute Neuigkeiten dazu gibt einer der international bekanntesten Aktivisten selbst: «Oberstleutnant Pablo Echemendia und Hauptmann Monteagudo haben mich heute besucht. Sie haben mir gesagt, ich könne das Land verlassen und wieder einreisen», twittert Guillermo Fariñas. Er könne ausreisen, sobald seine Dokumente für rechtsgültig erklärt worden seien, habe man ihm versichert.
Sacharow-Preis abholen
Fariñas wurde bekannt durch seine langen Hungerstreiks gegen das kubanische Regime, bei denen er sich im Jahr 2010 fast zu Tode gehungert hatte. Er sass 11 Jahre im Gefängnis.
Für seine Verdienste im Kampf um Menschenrechte auf Kuba erhielt er 2010 den Sacharow-Preis des Europaparlaments. Jetzt hoffe er, den EU-Menschenrechtspreis persönlich in den nächsten Monaten abholen zu können, schreibt die Zeitung La Nación. 2010 hatte die kubanische Regierung ihm zwar erlaubt das Land für die Preisübergabe zu verlassen – eine Reise ohne Rückkehr allerdings.
Andere Dissidenten sind laut «La Nación» weniger optimistisch, was die neue Reisebestimmung angeht. So sei die Sprecherin der «Damen in Weiss» noch nicht von den Behörden kontaktiert worden. Die Organisation kämpft für die Freilassung politischer Häftlinge.
Reise nach Kanada geplant
Wenig hoffnungsvoll ist auch die Tochter des bekannten Oppositionellen Oswaldo Payá, der vergangenes Jahr gestorben war. Die kubanischen Behörden verweigerten Rosa María Payá vergangenen Dezember die Ausreise. Sie würden sich melden, sollte sich diese Regelung für sie ändern. Bis jetzt habe sie nichts gehört, sagte Payá laut der Zeitung.
Bloggerin Yoani Sánchez glaubt erst an die Umsetzung der Neuregelung, wenn sie tatsächlich im Flugzeug sitze und ihre Freunde in Kanada besuchen könne, schreibt sie. «Ist das unser Ende der Berliner Mauer? Ich weiss es nicht! Mauern von manchen Leuten sind aus Beton. Mauern anderer bestehen zusätzlich aus Einschränkungen:-D»