Mitten in der Warschauer Klimakonferenz hat Japan sein Ziel zur Senkung der Treibhausgase über Bord geworfen. Wegen der Abschaltung sämtlicher Atommeiler wegen der Atomkatastrophe in Fukushima will Japan verstärkt auf die Verbrennung von Gas, Öl und Kohle setzen.
Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima müsse das Land wieder verstärkt auf fossile Energieträger setzen, sagte Regierungssprecher Yoshihide Suga in Tokio. Statt der bislang vorgesehenen Senkung des CO2-Ausstosses um 25 Prozent zwischen 1990 und 2020 sei vor dem Hintergrund der veränderten energiepolitischen Lage das neue Ziel 3,8 Prozent unter dem Niveau von 2005.
Ursprüngliches Ziel unrealistisch
Das ursprüngliche unter dem damaligen Regierungschef Yukio Hatoyama im Jahr 2009 ausgegebene Reduktionsziel sei «nicht realisierbar» und «völlig gegenstandslos», sagte Suga vor Journalisten. Wie japanische Medien berichteten, bedeuten die neuen Zielvorgaben eine Zunahme des CO2-Ausstosses um drei Prozent im Vergleich zum Niveau von 1990, dem Vergleichsjahr des Kyoto-Klimaschutzprotokolls.
Mit dem Kyoto-Protokoll verpflichteten sich die Teilnehmerstaaten, ihre Emissionen von Treibhausgasen bis 2012 verglichen mit dem Stand von 1990 um durchschnittlich fünf Prozent zu verringern. Es wurde 1997 unterzeichnet und trat 2005 in Kraft.
Neue Verpflichtungen
Ein Vertreter des Aussenministeriums sagte, die neuen Zahlen sollten beim UNO-Klimagipfel in Polen bekannt gegeben werden. Sie seien Japans «neue internationale Verpflichtung», die Tokio bei den Vereinten Nationen registrieren lasse.
Es handle sich um «befristete» Vorgaben, da es Japans Ziel sei, zur Atomkraft zurückzukehren. Allerdings wächst in Japan seit der Katastrophe von Fukushima der gesellschaftliche Widerstand gegen Atomenergie.
Ohne Atomstrom
Seit Mitte September lebt Japan erneut ohne Atomstrom, wie dies bereits von Mai bis Juli 2012 einmal der Fall war. Alle Reaktoren sind zu Wartungszwecken heruntergefahren. Zum Ausgleich wurden Wärmekraftwerke hochgefahren, für die Japan Rohöl und Kohle importiert.
Seit dem Atomunglück von Fukushima vom 11. März 2011 gelten für die Atommeiler in Japan verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Das Atomkraftwerk Fukushima war von einem Erdbeben und einem Tsunami schwer beschädigt worden. Vorher deckte die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt rund ein Drittel ihres Strombedarfs mit Atomkraftwerken ab.
Folgen überdenken
Die EU rief Tokio in einer Erklärung auf, die Konsequenzen der Entscheidung für die globale Klimaerwärmung zu überdenken. Japans schwierige Lage nach dem Erdbeben und Tsunami im März 2011 sei zwar nachzuvollziehen, dennoch müssten gerade die entwickelten Industriestaaten beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen.
Kritik von Umweltorganisationen
Die Entscheidung der japanischen Regierung stiess bei Umweltorganisationen auf der UNO-Klimakonferenz in Warschau auf scharfe Kritik. Wenn Japan auf Gas, Öl und Kohle setze, habe dies fatale Auswirkungen auf die Klimagespräche in Warschau, sagte Martin Kaiser, Leiter der Greenpeace-Delegation auf dem Gipfel. «Wir haben bereits vor der erwarteten Ankündigung die Auswirkungen auf die Verhandlungen gespürt.» Auch der WWF befürchtet negative Auswirkungen auf die Konferenz.