Eine Schlüsselfigur im neuesten Kapitel der libyschen Revolution ist General Khalifa Haftar, eine schillernde und umstrittene Persönlichkeit. Bis gegen Ende der 80er-Jahre ist er ein Gefolgsmann von Diktator Muammar Gaddafi, Kommandant der libyschen Armee bei der Invasion im Tschad. Dabei gerät er in Kriegsgefangenschaft, Gaddafi lässt ihn fallen.
Später handeln die USA mit dem Tschad Haftars Freilassung aus und gewähren ihm Asyl. Er schliesst sich dem Widerstand gegen Gaddafi an. Nach dem Ausbruch der Revolution im März 2011 kommt er nach Libyen zurück, übernimmt bei den aufständischen Truppen eine führende Rolle.
Allerdings nur für kurze Zeit. Haftar gilt als Mann des US-Geheimdienstes CIA und Gegner der Islamisten. Diese werden nach dem Sturz Gaddafis immer stärker. Islamistische Milizen kontrollieren weite Teile des Landes und im Parlament drängen sie mit ihrer Mehrheit die gemässigten Kräfte an den Rand.
Im Februar verlängert das Parlament die eigene Amtszeit bis Ende Jahr. Da sorgt der ehemalige General mit einem Fernseh-Auftritt für Aufregung: Im saudischen Sender «Al Arabiya» fordert Haftar die libysche Armee zu einem Putsch auf. Libysche Medien spekulieren darauf, er plane einen Militärrat nach ägyptischem Muster, unterstützt von Saudi-Arabien und den Emiraten am Golf. Der Putsch findet dann doch nicht statt.
Eigene Armee
Inzwischen hat Khalifa Haftar eigene Truppen um sich geschart, die er selbstbewusst Nationale Armee Libyens nennt. Dazu gehören offensichtlich auch Soldaten der früheren libyschen Armee.
Am Freitag lanciert Haftar die Offensive gegen islamistische Milizen in der Region Bengasi. Dabei werden seine Truppen auch von Flugzeugen der libyschen Luftwaffe unterstützt. Am Sonntag geht es auch in Tripolis los. Nach dem Ende der Sitzung stürmen Angehörige der Sintan-Miliz das Parlament.
Ob die beiden Aktionen gemeinsam geplant wurden, ist im Moment noch unklar. Eine Überraschung wäre es freilich nicht. Denn die Sintan-Milizen arbeiten eng mit General Khalifa Haftar zusammen. Beide wollen ein Libyen, das nicht von Islamisten beherrscht wird. Gegen die islamistische Mehrheit im Parlament, die nun ihrerseits islamistische Milizen zu Hilfe ruft.
Das Risiko, dass sich dieser Konflikt zum offenen Bürgerkrieg entwickelt, ist gross. So sehen es offensichtlich die Militärs in den Nachbarländern Tunesien und Algerien. Beide haben am Wochenende ihre Truppen an der Grenze verstärkt. Und offensichtlich sind sie von den Ereignissen in Libyen auch nicht überrascht worden. Algerien zum Beispiel hat bereits Ende letzter Woche seine Botschaft in Tripolis geschlossen und das Personal evakuiert.
Mit dem Hinweis, dass man am Wochenende in der libyschen Hauptstadt mit Terroranschlägen rechnen müsse.