Libyen steht zwei Jahre nach dem Sturz von Machthaber Ghadafi vor dem Zerfall. Zu diesem Schluss kommt eine Nato-Delegation, die Ende Juni das Land bereiste.
«Armee und Polizei sind derzeit nicht in der Lage, die Sicherheit für das Land zu garantieren», zitiert «Spiegel Online» aus dem Bericht. Dies nutzten kriminelle Banden und radikale Islamisten aus. Auch habe Libyen das «weltweit grösste ungesicherte Arsenal von Waffen», darunter Minen, Munition und tragbare Flugabwehrsysteme.
Kritik an Behörden
Laut Bericht bittet Tripolis um Unterstützung beim Aufbau einer bis zu 35'000 Mann starken Nationalgarde. Die Nato befürchte aber Kompetenzstreitigkeiten. Auch mangle es den libyschen Behörden an der Fähigkeit, Rat anzunehmen und umzusetzen.
Nach dem Ausbruch von Massenprotesten hatte die Nato Ende März 2011 eine Flugverbotszone über Libyen eingerichtet und Luftangriffe geflogen.
Am vergangenen Wochenende protestierten libysche Bürger erneut und forderten die Auflösung der Milizen. Diese haben zusammen mit bewaffneten Banden weiterhin weite Teile Libyens und der Hauptstadt unter ihrer Kontrolle. Das Innenministerium in Tripolis wird belagert.
Beratung und technische Hilfe möglich
Die Nato hatte mit ihrer Unterstützung im Luftraum entscheidend zum Sturz Ghadhafis beigetragen und bereits damals vesprochen, dem Land auf dem Weg zur Demokratie beizustehen. Das Bündnis sei deshalb auch in der Pflicht, stellt Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent von SRF, fest.
Ein direktes militärischen Eingreifen mit Nato-Truppen in Libyen zur Stabilisierung der Regierung sei aber völlig undenkbar, sagt Gsteiger. Denkbar seien militärische Berater und Ausbildner, die Ausbildung libyscher Offiziere in Nato-Ländern und technische Hilfe. Allerdings werde die Nato aufgrund der Erfahrungen im nordafrikanischen und arabischen Raum wie auch in Afghanistan sehr zurückhaltend bleiben.