Weltweit sinkt die Zahl der Aids-Toten. Doch unter jungen Menschen ist sie deutlich gestiegen. Die UNO-Organisationen WHO und Unicef sprechen von derzeit rund zwei Millionen 10- bis 19-Jährigen, die mit dem Aids-Erreger HIV infiziert sind. Deshalb fordern sie jetzt spezielle Hilfe für gefährdete und bereits infizierte Jugendliche.
Die WHO gibt in ihrem Bericht erstmals Empfehlungen ab, wie Gesundheitsdienste jungen HIV-Infizierten und gefährdeten Jugendlichen helfen können. Dazu soll bis Januar auch eine spezielle Internet-Plattform zur Verfügung stehen.
Ansteckung bei Jungen am häufigsten
Für Hansjakob Furrer, Infektiologe am Inselspital, macht dieser Ansatz Sinn. «Bei den Jugendlichen in den Ländern, in denen Aids-Infektionen am häufigsten vorkommen, ist die Ansteckung auch am häufigsten.» Dies komme daher, dass gerade diese Bevölkerungsgruppe sexuell am aktivsten ist und die Partner häufig wechselt.
Informations- und Betreuungsangebote speziell für Junge – ein Manko? «Ich glaube schon, dass man die Adoleszenten in vielen Präventionsprogrammen etwas aussen vor lässt, weil sie schwierig zu erreichen sind.» Bisher wurde offenbar nicht viel auf diesem Gebiet getan. «Ich bin aber auch nicht sicher, ob man viel mehr machen kann, mit den Ressourcen, die zur Verfügung stehen», gibt Infektiologe Furrer zu bedenken.
Sexuelle Selbstbestimmung zentral
Ihm geht es aber nicht nur um die Wirksamkeit der Programme an sich. «Ein wichtiger Faktor wäre die Stärkung der sexuellen Selbstbestimmung von Heranwachsenden in diesen Ländern», sagt Furrer. Nicht selten haben junge Mädchen mit älteren Männern Sex. Diese Mädchen handeln aber oft nicht wirklich sexuell selbstbestimmt.
«Die sexuelle Selbstbestimmung insbesondere jugendlicher Frauen zu verstärken wäre viel wirksamer, als zum Beispiel ein paar Hunderttausend zusätzliche Plakate mit Kondomen aufzuhängen», ist Furrer überzeugt.
Es sei zwar richtig gewesen, diese Präventionsprogramme zu lancieren. «Es war auch machbar mit den Geldern, die man zur Verfügung hatte», fügt er an. Aber diese Programme alleine seien nicht nachhaltig auf längere Sicht – «nicht ohne einen gesellschaftlichen Prozess, eine Emanzipation insbesondere von Frauen und Jugendlichen in diesen Ländern».