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International MH17-Abschuss: Was man weiss, und was noch unklar ist

Bislang fehlt ein Eingeständnis, wer für den Abschuss der 2014 in der Ostukraine abgestürzten Maschine verantwortlich ist. Der für heute angekündigte Bericht der niederländischen Justiz könnte entscheidende Fragen klären. SRF-Korrespondent Christof Franzen über Fakten und bisher offene Fragen.

Über zwei Jahre ist es her, als der Flug MH17 der Malaysia-Airlines von Amsterdam nach Kuala Lumpur über dem Donbass sein jähes Ende fand. Beim Absturz der Boeing 777-200ER am 17. Juli 2014 verloren alle 298 Insassen ihr Leben.

Der Ursprung des Unglücks ist zugleich der Grund für erschwerte Ermittlungen: Der Krieg in der Ostukraine. Heute nun könnte ein Zwischenbericht der niederländischen Staatsanwaltschaft entscheidende Schlüsse liefern. Im Folgenden ein Überblick über Geklärtes und nach wie vor Ungeklärtes zum Absturz.

Fakten

  • Beim Absturz der Maschine werden technisches oder menschliches Versagen ausgeschlossen.
  • Gemäss dem technischen Abschlussbericht unter niederländischer Federführung handelte es sich um einen Abschuss durch eine Boden-Luft-Rakete. Einschlaglöcher am Bug der Maschine machen diese Erkenntnis offensichtlich.
  • Derselbe Abschlussbericht präzisiert, dass die Maschine von einer Rakete des bodengestützten Luftabwehrsystems Buk russischer Herkunft getroffen wurde. Dies wurde auch schon von russischer Seite bestätigt.
  • Es fehlt ein oberster Richter: Russland hat über sein Veto-Recht im UNO-Sicherheitsrat verhindert, dass ein internationales Tribunal den Abschuss des Flugzeugs untersuchen könnte.

Offene Fragen

Von wo aus wurde die Rakete abgefeuert?

SRF-Korrespondent Christof Franzen: Viele Beobachter gehen von der Ortschaft Snischne aus – diese war unter der Kontrolle der von Russland unterstützten Separatisten. Journalistenkollektive wollen die Verschiebung eines russischen Buk-Geschützes von Russland aus nach Snischne und zurück anhand von Internet-Fotos nachweisen können. Russland dementiert das: Erst gerade am Montag präsentierte das Militär angebliche Original-Radardaten, die widerlegen sollen, dass die Rakete auf Gebiet pro-russischer Separatisten abgefeuert wurde.

Christof Franzen

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Der Journalist arbeitet seit 2003 für SRF, seit 2007 als Korrespondent in Moskau.

Diese Daten sind mit grosser Vorsicht zu geniessen. Noch vor zwei Jahren hatte Russland ebenfalls angebliche Original-Radardaten präsentiert, bei denen angeblich ein ukrainischer Kampfjet SU-25 ganz nahe der Boeing zu sehen sein soll. Diese zwei Aussagen widersprechen sich. Der Verlauf der Kämpfe zu der Zeit, die ersten Reaktionen und viele andere Indizien sprechen dafür, dass die Rakete aus dem Gebiet der prorussischen Separatisten abgefeuert worden war.

Was bringt Russland dazu – obschon bereits jetzt viele Indizien dafür sprechen und erwartet wird, dass der Bericht der niederländischen Staatsanwaltschaft die Mitschuld Russlands verdeutlicht – weiterhin jegliche Verantwortung zu dementieren?

Franzen: Man darf nicht vergessen, dass Russland in der Ostukraine bis heute einen verdeckten Krieg führt. Würde das Land eingestehen, dass der Abschuss der MH17 vom Territorium pro-russischer Separatisten mit einer Bug-Flugabwehrrakete russischer Herkunft erfolgte, bricht das ganze Kartenhaus in sich zusammen

Video
Erkenntnisse zu Flug MH17
Aus Tagesschau vom 27.09.2016.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 39 Sekunden.

Handelte es sich beim Abschuss der Rakete um ein absichtliches Manöver oder um einen Unfall?

Franzen: Wenn es die von Russland unterstützten Separatisten oder sogar russische Soldaten waren, die geschossen haben, kann man klar davon ausgehen, dass es nicht absichtlich sondern ein fataler Irrtum war. Die ukrainische Armee hatte im Juli 2014 gegen die Separatisten die Luftwaffe eingesetzt. In den Tagen und Wochen zuvor hatten die von Russland unterstützten Separatisten mehrere ukrainische Flugzeuge abgeschossen. Die russischen Soldaten oder die Separatisten könnten die Boeing folglich mit einem Flugzeug der ukrainischen Armee verwechselt haben.

Wurde der Luftraum zum Zeitpunkt des Absturzes seitens der Ukraine überwacht?

Franzen: Ja, davon ist auszugehen. Der Luftraum war für den zivilen Luftverkehr offen – und dementsprechend auch unter der Kontrolle der ukrainischen Behörden. Die Ukrainer stehen heute unter starker Kritik, weil sie den Luftraum nicht früher sperren liessen.

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