Zwischenbericht zu Flug MH17
Ist die Passagiermaschine MH17 am 17. Juli über der Ostukraine durch eine Rakete abgeschossen worden? Und wenn ja, wer hat diese abgeschossen?
Auf die Antworten auf diese beiden Fragen wartet die ganze Welt seit knapp sieben Wochen. Sie sind jedoch im neuen Zwischenbericht der niederländischen Flugsicherheitsbehörde in Den Haag nicht zu finden.
«Eindeutige Aussage verfrüht»
«Zurzeit ist nur sicher, dass das Flugzeug durch Objekte in der Luft mit hoher Schnelligkeit durchbohrt wurde», sagt Tjibbe Joustra, Vorsitzender des niederländischen Sicherheitsrates, welcher den Bericht verfasste. Eine eindeutige Aussage sei verfrüht.
Der Sicherheitsrat vermutet, dass an der Absturzstelle in der Ostukraine noch Reste einer Rakete zu finden sein könnten. Wegen der heftigen Kämpfe konnten die internationalen Experten den Ort aber nicht untersuchen. Sie hoffen jedoch nach wie vor, so rasch wie möglich dorthin zu reisen.
Nach Angaben der malaysischen Regierung in Kuala Lumpur ist die Absturzstelle jedoch weiterhin nicht zugänglich. Die Lage in der Region um Donezk sei unbeständig, erklärte Verteidigungsminister Hishammuddin Hussein unter Berufung auf ukrainische Militärvertreter. Eigentlich gilt seit Freitag eine Waffenruhe.
Auch wenn der Abschuss nicht explizit genannt wird – andere Ursachen werden explizit ausgeschlossen. «Es gibt keine Anzeichen, dass ein technischer Fehler oder Handlungen der Crew den Absturz von Flug MH17 verursacht haben», schreiben die niederländischen Experten.
«Alles weist auf ein abruptes Ende hin»
Eine grosse Zahl schnell fliegender Teile habe den Rumpf der Boeing 777 durchsiebt. Die Maschine der Malaysia Airlines sei noch während des Fluges in mehrere Teile zerborsten.
Die Flugschreiber, der Funkverkehr und alle Daten der Verkehrsleitung belegen dem Bericht zufolge einen normalen Flugverlauf. Es gab auch kein Notsignal der Piloten. «Alles weist auf ein abruptes Ende hin», heisst es. Die Hinweise deuteten auf eine «externe Ursache».
Nur zivile Maschinen in der Luft
Der Absturz sei «wahrscheinlich auf strukturelle Schäden zurückzuführen, die von einer grossen Zahl an Objekten verursacht wurden, die das Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit von aussen durchdrangen».
Russische Beschuldigungen gegen die Ukraine, wonach ein ukrainisches Flugzeug die MH17 abgeschossen haben könnte, widerlegt der Bericht. Denn zum Zeitpunkt der Katastrophe waren nur drei zivile Maschinen im Luftraum. Die Maschine, die am dichtesten war, war 30 Kilometer von MH17 entfernt.
Schuldfrage (noch) kein Thema
Zu Verantwortlichen für den Absturz machte die Sicherheitsbehörde ebenfalls keine Aussagen. Die Schuldfrage ist Gegenstand der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen.
Die Boeing 777 war am 17. Juli 2014 mit 298 Menschen an Bord von Amsterdam in Richtung Kuala Lumpur unterwegs. Über dem zwischen ukrainischen Regierungstruppen und pro-russischen Separatisten umkämpften Gebiet stürzte sie ab.
Die politischen Folgen waren immens. Nach dem Drama von MH17 eskalierte der Konflikt in der Ukraine und stiegen die Spannungen zwischen dem Westen und Russland.
Schon unmittelbar nach der Tragödie sprachen die Ukraine und westliche Politiker von einem Abschuss durch eine Boden-Luft-Rakete russischer Bauart, die beispielsweise mit dem System BUK abgefeuert wird. Moskau soll sie an die Rebellen geliefert haben.
So eine Rakete explodiert in unmittelbarer Nähe einer Maschine, und tausende Metallsplitter durchlöchern das Ziel. Die Reichweite der Raketen würde ausreichen, um ein in grosser Höhe fliegendes Objekt zu treffen.
Abschlussbericht in einem Jahr erwartet
Die Regierung in Moskau hat mehrfach bekräftigt, keine Waffen an die Rebellen in der Ukraine geliefert zu haben. Die Separatisten selbst haben erklärt, sie hätten niemals über BUK-Raketen verfügt, was sie bekräftigten. Allerdings hat einer ihrer Anführer im Juli im Reuters-Interview eingeräumt, die Rebellen seien durchaus mal im Besitz solcher Raketen gewesen.
Bei dem Unglück starben alle Insassen, die meisten von ihnen waren Niederländer. Deshalb wurden die Niederlande offiziell mit der Leitung der Untersuchung beauftragt, an der 10 Länder beteiligt sind. Der Abschlussbericht der Sicherheitsbehörde soll innerhalb eines Jahres nach dem Absturz vorliegen.