Bei einer Grossdemonstration gegen die Sparpolitik der italienischen Regierung in Rom ist es zu Ausschreitungen gekommen. 15 Vermummte wurden festgenommen, zwei Polizisten verletzt, wie die Sicherheitskräfte berichteten.
Barrikaden und Petarden
Einige vermummte Anarchisten bewarfen den Sitz des Wirtschaftsministeriums im Zentrum der italienischen Hauptstadt mit Molotow-Cocktails und Eiern. Auch gepanzerte Fahrzeuge der Polizei wurden zum Ziel. Die Anarchisten bauten Barrikaden aus Müllcontainern auf, um unbehelligt flüchten zu können. Einige Vermummte wurden festgenommen.
Die Polizei musste eingreifen, um einen Angriff anarchistischer Demonstranten auf den Sitz der rechtsextremistischen Organisation «Casapound» zu verhindern. Die Demonstranten bewarfen auch Bankfilialen mit Eiern und Steinen. Viele Geschäfte hatten ihre Rollläden geschlossen.
«Wir haben Recht auf eine Zukunft»
Geschätzte 70'000 Menschen beteiligten sich an der Demonstration, die auf dem Platz vor der Lateranbasilika begonnen hatte. Die Demonstranten trugen Transparente mit Slogans gegen die Arbeitslosigkeit und die soziale Ausgrenzung. «Wir haben Recht auf eine Zukunft», war auf den Transparenten einiger Studentengruppen zu lesen.
In Italien sind 40 Prozent der Jugendlichen arbeitslos. An der Protestkundgebung beteiligten sich auch Umweltaktivisten, die sich gegen den Bau der Bahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Turin und Lyon einsetzen.
Steuerentlastungen von 14,6 Mrd. Euro
Hintergrund der Proteste ist der Budgetentwurf für 2014, der gegenwärtig im italienischen Parlament diskutiert wird. Die Regierung will damit die Wirtschaft ankurbeln, der Entwurf sieht jedoch auch weitere Sparmassnahmen vor.
Die italienische Regierung hatte am Dienstag einen Entwurf verabschiedet. Dieser sieht Steuerentlastungen von 14,6 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre vor. Zudem sollen Anreize für die unbefristete Einstellung junger Menschen geschaffen werden. Die Neuverschuldung will die Mitte-links-Regierung von Ministerpräsident Enrico Letta im kommenden Jahr auf 2,5 Prozent begrenzen und damit unter der im Euro-Stabilitätspakt zulässigen Drei-Prozent-Obergrenze halten.
Portugal: «Ausbeutung und Verarmung»
Auch im Euro-Krisenland Portugal haben Zehntausende gegen massive Kürzungen im Staatshaushalt protestiert. In der Hauptstadt Lissabon forderten die Menschen ein Ende von «Ausbeutung und Verarmung».
Auf Plakaten und mit Gesängen wurde der Rücktritt der Mitte-Rechts-Regierung von Pedro Passos Coelho gefordert. Auch in Porto im Norden des Landes machten Tausende ihrem Unmut Luft.
Warnung vor Generalstreik
Am Dienstagabend hatte die Regierung den strengsten Spar-Haushalt seit 1977 präsentiert. Der für 2014 vorgesehene Haushalt stelle eine brutale Attacke auf das portugiesische Volk dar und dürfe vom Parlament auf keinen Fall gebilligt werden, sagte CGTP-Chef Armenio Carlos.
Der Gewerkschafts-Vorsitzende kündigte für den 1. November anlässlich der ersten Abstimmung über den Haushalt einen Protest vor dem Parlamentsgebäude an. Auch ein neuer Generalstreik sei nicht ausgeschlossen, warnte er.
Rentner und Beamte sollen «bluten»
Der ins Parlament eingebrachte Haushalts-Entwurf sieht Ausgabenkürzungen von 3,9 Milliarden Euro oder 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor. Besonders betroffen sind Beamte und Rentner. Beamte, die mehr als 600 Euro brutto im Monat verdienen, werden Kürzungen zwischen 2,5 und 12 Prozent hinnehmen müssen.
Zudem will Lissabon die Zahl der Beamten um weitere zwei Prozent reduzieren. Auch die Hinterbliebenen-Renten sowie die Ausgaben für Gesundheit und Bildung werden deutlich gesenkt.
Drittes Rezessionsjahr
Zur Abwendung eines drohenden Bankrotts hatte Portugal 2011 von EU und Internationalem Währungsfonds ein 78-Milliarden-Euro-Hilfspaket erhalten. Im Gegenzug verpflichtete sich Lissabon zu einer strengen Sanierungspolitik.
Im Zuge der Sparmassnahmen steuert man bereits auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zu. Die Arbeitslosenrate erreichte das Rekordniveau von rund 17 Prozent. Ab Juni 2014 muss das Land finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen.