Der Schrei nach mehr Demokratie ist an den Bürgern der Golfstaaten nicht spurlos vorbeigegangen. Sie gehen auf die Strasse und fordern ihre Rechte ein. Bahrain kommt nicht zur Ruhe. In Kuwait werden die Proteste immer heftiger. Auch in Saudi-Arabien wächst der Widerstand. Die herrschenden Autokraten reagieren mit zunehmender Härte. Damit zeigen sie vor allem, dass ihnen die Rezepte ausgehen, wie sie die Lage dauerhaft beruhigen könnten.
Verhaftungswelle in Kuwait
Die Unruhe wächst im ölreichen Kuwait. Die jüngste Parlamentswahl im Dezember hat die Lage nicht stabilisiert. Es war die sechste in sechs Jahren. Doch die Kundgebungen werden häufiger und die Forderungen massiver.
Immer direkter wird das Herrscherhaus der al-Sabahs angegriffen. Dieses reagiert zunehmend unerbittlich. Am Wochenende liess es Gummischrot und Tränengas einsetzen und befahl eine Verhaftungswelle.
Freie Wahlen, ein aufmüpfiges Parlament und eine autoritäre Regierung passten einfach nicht zusammen, stellt die kuwaitische Politologin Alanoud al-Sharekh fest. Das zeige sich in Kuwait. Früher oder später müsse man sich für oder gegen Demokratie entscheiden.
Besorgte Nachbarn
Auch die Herrscher der übrigen Golfstaaten blicken besorgt nach Kuwait. Bisher glaubten die Monarchen in Riad, Muskat, Abu Dhabi oder Doha, dass sich die Lage mit ein paar Zugeständnissen, Retuschen und vor allem mit viel Geld unter Kontrolle bringen lasse.
Davon ging man auch in Bahrain aus, wo die Wogen zuerst hochgingen. Auch dort waren die Forderungen der Demonstranten zunächst bescheiden. Sie verlangten mehr Transparenz, weniger Korruption und mehr politische Teilhabe. Die bahrainische Regierung versprach, die Anliegen zu erfüllen.
Drakonische Strafen bestätigt
Gemeinsam wolle man mit dem Volk in die Zukunft gehen, sagte Bahrains Justizminister Khalid bin Ali al-Khalifa. Und Menschenrechtsministerin Fatima al-Beloushi beteuerte, dass die Regierung Lehren daraus ziehe. Menschenrechte seien sowohl von Regierungs- wie von Oppositionsseite verletzt worden.
Erst heute aber hat Bahrains Oberstes Gericht die Rekurse von 15 Oppositionellen abgewiesen und sie definitiv zu teils lebenslanger Haft verurteilt.
Auf echten Reformwillen deutet das nicht hin. Der in London lebende bahrainische Menschenrechtsaktivist Nabeel Rajab sagte der BBC, dass König Hamad al-Khalifa zwar viel verspreche, aber wenig einhalte. Experten wie David Roberts von der britischen Denkfabrik Rusi bezweifeln angesichts der anhaltenden Turbulenzen gar, dass Bahrain als unabhängiger Staat überlebt.
Personalrochaden
Unruhe herrscht aber auch nebenan, in Saudi-Arabien. Das zeigt sich an irritierendenden Personalrochaden. Kürzlich wurde der Innenminister nach bloss fünf Monaten im Amt geschasst. Dazu kommt, dass selbst Saudi-Arabien es sich nicht ewig leisten kann, öffentlichen Unmut mit üppigen Geldgeschenken an seine Bürger wegzukaufen.
Immer heftiger kommt es vor allem im schiitischen Osten des Landes zu Demonstrationen, die niedergeknüppelt werden. Auf Twitter häufen sich Angriffe selbst auf die Herrscherfamilie Saud und König Abdallah. Dies ist noch vor kurzem undenkbar gewesen.
Politische Mitsprache gefordert
Auch in Oman und in den Vereinigten Arabischen Emiraten wird die Opposition aufmüpfiger. Christian Koch von der Denkfabrik Gulf Research Center fasst es wie folgt zusammen: «Kein Staat in der Region kann sich von den Protesten, die auch die ganze arabische Welt erfasst haben, distanzieren.»
Viele Untertanen verlangen inzwischen mehr als bloss Reförmchen. Sie wollen politische Teilhabe. Auf einmal wird gar der Abgang der zuvor noch wohlgelittenen Herrscherfamilien gefordert. Es geht um weitreichende und substanzielle Reformen für mehr Beteiligung am politischen Prozess.
Damit erfasst der arabische Frühling nach Bahrain die ganze Golfhalbinsel. Auch für die dortigen Regime tickt nun die Uhr.