Ägyptens Staatschef Mohammed Mursi hat seine umstrittenen Sondervollmachten annulliert. Das entsprechende Dekret, das in den vergangenen Tagen für gewaltsame Proteste in Kairo gesorgt hatte, sei ausser Kraft gesetzt worden, teilte ein Sprecher des von Mursi einberufenen «Nationalen Dialogs» in der Nacht mit. Der Präsident habe dazu ein neues Dekret erlassen. Das geplante Verfassungsreferendum soll aber nach wie vor am 15. Dezember abgehalten werden.
Oppositioneller: Rücknahme «relativ bedeutungslos»
Ungeachtet des Kurswechsels von Mursi kündigte die Opposition neue Proteste an. Die Jugend-Revolutionsbewegung 6. April kritisierte, dass der Termin für das am 15. Dezember geplante Verfassungsreferendum nicht verschoben wurde.
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Auch Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei wandte sich gegen das Referendum. Die Opposition werde den Verfassungsentwurf stoppen, «der unsere Rechte und Freiheiten unterdrückt», erklärte er über den Kurznachrichtendienst Twitter.
Neue Demonstrationen geplant
Zugleich forderte das Bündnis die Ägypter auf, an diesem Dienstag landesweit gegen den Verfassungsentwurf auf die Strasse zu gehen. Am gleichen Tag wollen auch Islamisten, darunter Anhänger der Muslimbruderschaft, in Massenkundgebungen Präsident Mohammed Mursi ihre Unterstützung versichern.
Ein Sprecher der oppositionellen Nationalen Rettungsfront nannte die Rücknahme des Dekrets «relativ bedeutungslos». Stattdessen sei der wichtigste Schritt – die Änderung der Verfassung – abgesichert, sagte er dem Sender. «Leider lässt uns der Präsident keine andere Option als unseren Widerstand zu steigern.»
Mursi hatte mit seinem umstrittenen Dekret am 22. November seine Machtbefugnisse auf Kosten der Justiz ausgeweitet. So legte er beispielsweise fest, dass die Justiz nicht das Recht habe, die Umsetzung seiner Dekrete zu verhindern. Er sprach den Richtern ausserdem das Recht ab, die von Islamisten dominierte Verfassungsgebende Versammlung aufzulösen.
Seine Ankündigung sorgte für Wut und Empörung bei der Opposition. Tagelang lieferten sich Gegner und Anhänger des Präsidenten und die Sicherheitskräfte gewaltsame Auseinandersetzungen.
Am Samstag hatte sich dann auch das Militär in den Konflikt eingeschaltet und ein Machtwort gesprochen. Im Streit um die künftige Verfassung müsse es einen Kompromiss geben, der im Interesse der Nation und der Menschen in dem Land ist, liess die Armeeführung in Kairo verlesen. Das gehe nur über einen Dialog. Alles andere werde Ägypten durch einen «dunklen Tunnel» in die Katastrophe führen. «Das werden wir nicht erlauben», warnte das Militär.