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International Nach Freispruch: Seselj verlangt 14 Millionen Euro Entschädigung

Das UNO-Kriegsverbrechertribunal zum früheren Jugoslawien hat den serbischen Nationalisten Vojislav Seselj freigesprochen. Seine Schuld an Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei nicht erwiesen, urteilten die Richter. Seselj verhöhnte das Gericht – und verlangt eine millionenschwere Genugtuung.

Mehr als 20 Jahre nach dem Bürgerkrieg auf dem Balkan hat das UNO-Kriegsverbrechertribunal den serbischen Nationalisten Vojislav Seselj freigesprochen. Die Beweise für seine Schuld an der Ermordung und Vertreibung Tausender Muslime und Kroaten reichten nicht aus, urteilten die Richter. In keinem der neun Anklagepunkte sei eine Verantwortung erwiesen.

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«Mit diesem Freispruch ist Vojislav Seselj ein freier Mann», erklärte der Vorsitzende Richter Jean-Claude Antonetti. Die Anklage hatte Seselj Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Jugoslawien-Krieges vorgeworfen. Für die Ermordung und Vertreibung bosnischer Muslime und Kroaten durch von Seselj rekrutierte Milizen hatte sie 28 Jahre Haft gefordert.

Das Gericht hat juristisch keinerlei Bedeutung.
Autor: Vojislav Seselj freigesprochener, serbischer Nationalist

Entschädigung von 14 Millionen Euro verlangt

Einreiseverbot in Kroatien

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Nach dem Freispruch von Seselj durch das UNO-Kriegsverbrechertribunal hat Kroatien ein Einreiseverbot gegen den Politiker verhängt. Das berichteten Medien in Zagreb unter Berufung auf die Polizei. Regierungschef Tihomir Oreskovic sagte: «Er soll nur kommen, dann werden wir ihn verhaften.» Seselj hatte angekündigt, nach Kroatien reisen zu wollen.

Seselj hat nach seinem Freispruch durch das UNO-Tribunal das Gericht beschimpft. Es sei «ein antiserbisches Gericht in der Hand der westlichen Mächte», sagte der 61-Jährige in Belgrad. Das Gericht habe juristisch keinerlei Bedeutung. Für seine über 12-jährige Untersuchungshaft beim UNO-Tribunal werde er eine Entschädigung von 14 Millionen Euro verlangen.

Der Freispruch Seseljs sorgt in Kroatien und Bosnien-Herzegowina für viel Kritik: Für den kroatische Regierungschef Tihomir Oreskovic ist der Freispruch «schändlich». Er bedeute eine Niederlage für das Haager Gericht und die Staatsanwaltschaft, sagte er in Zagreb. «Vojislav Seselj ist ein notorischer Verbrecher, der uns alle auslacht, die ganze Welt und auch dieses Gericht, das ihn nicht verurteilten konnte», erklärte der stellvertretende kroatische Regierungschef und Vorsitzende der grössten Regierungspartei HDZ, Tomislav Karamarko.

Wahlkampf in Serbien statt Urteilsverkündung in Den Haag

Der 61-Jährige Seselj verweigerte sich der Urteilsverkündung in Den Haag. Er hatte sich 2003 dem Gericht selbst gestellt und dieses elf Jahre lang als Bühne für Tiraden und Hetze vor allem gegen Kroaten und Muslime in Bosnien genutzt. 2014 war er wegen einer Krebserkrankung vorläufig aus der Haft entlassen worden.

Derzeit betreibt der wichtigste Vordenker für ein Grossserbien in der Heimat eifrig Wahlkampf. Sein Krebs ist laut eigenen Aussagen gestoppt, und seine Radikale Partei, die in die Bedeutungslosigkeit abgesackt war, könnte Umfragen zufolge bei der vorzeitigen Parlamentswahl Ende April wieder zur drittstärksten Kraft aufsteigen.

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