Klaus Iohannis hat die Präsidentenwahl in Rumänien gewonnen. Der bürgerliche Politiker kam auf 54,81 Prozent der Stimmen und besiegte damit seinen sozialistischen Rivalen, Ministerpräsident Victor Ponta. Das erklärte das zentrale Wahlbüro am frühen Morgen nach Auszählung der Stimmzettel in 76,53 Prozent der Wahllokale.
«Das Volk hat immer Recht»
Zu ähnlichen Ergebnissen waren die Parteien der beiden Kandidaten bei ihren parallel laufenden Auszählungen gekommen. Rumänien bekommt damit erstmals ein gewähltes Staatsoberhaupt, das einer nationalen Minderheit angehört.
Wahlverlierer Ponta erklärte, dass er schon am Sonntagabend seinem Konkurrenten zu dessen Sieg gratuliert habe. «Das Volk hat immer Recht», sagte Ponta, der vor der Wahl als Favorit gegolten hatte.
Er wünsche sich, «dass wir alle verstehen, dass wir ein demokratisches Land sind und dass, so wie ich das (Wahl-)Ergebnis akzeptiere, auch jene es annehmen, die protestieren wollen». Allerdings will Ponta trotz seiner Niederlage als Premierminister nicht zurücktreten und bis 2016 weiter regieren.
Wir haben unser Land zurückgewonnen
Wahlgewinner Iohannis seinerseits postete auf seiner Seite im sozialen Netzwerk Facebook: «Wir haben gesiegt, wir haben unser Land zurückgewonnen».
Nachwahlbefragungen nach der Schliessung der Wahllokale hatten bereits ein enges Rennen zwischen Ponta und Iohannis erwarten lassen. Bei dem spannenden Duell ging es um die Nachfolge des scheidenden Staatschefs Traian Basescu, der gemäss der Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten durfte.
Die Jungen waren entscheidend
Ausschlaggebend für Iohannis' Sieg war Analysten zufolge die hohe Wahlbeteiligung von 61 Prozent der Stimmberechtigten. Insbesondere viele Jugendliche gingen demnach an die Urne. In der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen hatte Ponta noch deutlich vorn gelegen.
Der 42-jährige Ponta trat für die Sozialdemokratische Partei (PSD) an. Der ehemalige Staatsanwalt für Korruptionsfälle gilt als besonders verankert in der ländlichen Bevölkerung, ausserdem geniesst er den Rückhalt der einflussreichen Rumänisch-Orthodoxen. Nicht zuletzt wegen der zuletzt positiven Wirtschaftsentwicklung ging er beflügelt in die Stichwahl.
Pontas antidemokratische Allüren irritierten
Ponta hing sein gescheiterter Versuch nach, seinen Erzfeind Basescu im Sommer 2012 handstreichartig aus dem Amt zu jagen. Zudem wurden Pontas umstrittene Massnahmen im Justizwesen und die Aushöhlung der Gewaltenteilung auch ausserhalb der Landesgrenzen kritisiert.
Unter der Woche waren noch tausende Rumänen aus Protest gegen Ponta auf die Strasse gegangen, weil er ihrer Ansicht nach zu wenige Wahlbüros für Auslandsrumänen öffnen liess und damit gezielt seinen Widersacher benachteiligte.
Tumulte am Wahlbüro in Paris
Am Sonntag bildeten sich vor Wahlbüros in Paris, London und Turin lange Warteschlangen. In der französischen Hauptstadt ging die Polizei vor der rumänischen Botschaft mit Tränengas gegen aufgebrachte Rumänen vor, die bei der Schliessung des Gebäudes am Abend versuchten, dort einzudringen, um dort noch ihre Stimme abzugeben.
Ein Polizeisprecher gab die Zahl der vor der Botschaft versammelten Menschen mit zwischen 1000 und 2000 an. Die etwa drei Millionen Menschen zählende rumänische Diaspora in Frankreich wählt traditionell mehrheitlich rechts.
Deutsch und nicht katholisch - ein kleines Wunder
Der 55-jährige Iohannis kandidierte für die Christlich-Liberale Allianz (ACL) mit dem Versprechen, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken und ausländische Investoren anzulocken. Mit seinem Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen war der ehemalige Physikprofessor vor 14 Jahren als Bürgermeister ins Rathaus von Hermannstadt (Sibiu) eingezogen. Drei Mal wurde er seither in Europas Kulturhauptstadt des Jahres 2007 wiedergewählt.
Als Deutsch-Rumäne und Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche vertritt Iohannis gleich zwei gesellschaftliche Minderheiten.
«Weniger Spektakel, mehr Arbeit»
Iohannis hatte für einen Richtungswechsel in Rumänien geworben. Er steht für die Stereotypen, die Rumänien den Angehörigen der deutschen Minderheit aus Siebenbürgen nachsagt: Bescheidenheit, Sparsamkeit und Pünktlichkeit. Und diese Tugenden kommen in Rumänien zur Zeit gut an. Iohannis spielte dieses Ass aus und sagte an einem Auftritt: «Meine Botschaft lautet: weniger Spektakel, mehr Arbeit».
Rumänien ist innerhalb der Europäischen Union das zweitärmste Land nach Bulgarien. Zur Wahl aufgerufen waren etwa 18 Millionen Menschen.