Das Parlament in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong hat mit den Beratungen über eine umstrittene Wahlreform begonnen. Die stellvertretende Regierungschefin von Hongkong, Carrie Lam, warnte vor einer Ablehnung. Sollte die Reform scheitern, «würde die politische Entwicklung zum Stillstand kommen», warnte Lam zu Beginn der Debatte. Die Abstimmung ist für Freitag vorgesehen.
SRF-Ostasienkorrespondent Urs Morf weiss, dass die Vorlage im Parlament wie auch n der Bevölkerung viele Gegner hat. «Die Gegner argumentieren, die Vorlage sei eine Mogelpackung.»
Von Peking ausgesuchte Kandidaten
Die oppositionellen Abgeordneten hielten als Zeichen für ihre ablehnende Haltung Schilder mit einem Kreuz hoch. Die Demokratiebewegung Hongkongs hatte im vergangenen Jahr monatelang gegen das Vorhaben protestiert.
Es soll den Bürgern von Hongkong zwar das Recht geben, 2017 erstmals ihren Verwaltungschef selbst zu wählen. Allerdings sollen die wenigen Kandidaten von Peking ausgesucht und bestimmt werden.
Die Chancen, dass das Gesetz abgelehnt wird, seien durchaus intakt, meint Morf. «Die Vorlage bräuchte im 70-köpfigen Lokalparlament eine Zweidrittel-Mehrheit. Die Gegner verfügen über mehr als einen Drittel dieses Parlaments.» Seit Tagen frage sich die Bevölkerung, ob in letzter Minute vier von diesen so genannten Pan-Demokraten umkippen werden. «Sie beteuern zwar seit Monaten, sie würden das nie tun.»
Hunderte Anhänger beider politischer Lager versammelten sich am Mittwoch vor dem Parlament. Der Abgeordnete Alan Leong rief die Anhänger der Demokratiebewegung auf, «weiter zu kämpfen».
Touristen vom Festland unbeliebt
Umfragen zum Befinden der Bevölkerung gibt es viele, wie der Korrespondent festhält: «Die einen sagen aus, dass 60 Prozent der Bevölkerung für die Vorlage sei. Andererseits gibt es Umfragen von den Gegnern und die sagen, es sei höchstens fifty-fifty. »
Klar sei aber, so Morf, dass die Gegnerschaft gegen die Festlandchinesen immer mehr zunehme. Es gebe viele Neuzuwanderer aus dem Festland, und immer mehr auch chinesische Touristen in Hongkong. «Diese benehmen sich oft nicht so, wie die Hongkonger es wünschen würden.»
Ohne Gesetz keine Wahlreform
Sollte das Gesetz an der Urne scheitern, könnte die Wahlreform als Ganzes Schiffbruch erleiden, so zumindest die Drohung der Regierung. Wie Morf ausführt, würde Hongkong dann zum alten Wahlsystem zurückkehren und den Verwaltungschef durch ein 1200-Wahlmänner-Gremium bestimmen lassen. «Das ist aber eher unwahrscheinlich, denn damit würde sich Peking der Lächerlichkeit preisgeben», so der Korrespondent.