Die Bewegung müsse die Hongkonger Strassen wohl bald wieder freigeben, ohne dass die Zentralregierung in Peking und ihr hiesiger Statthalter Konzessionen gemacht hätten, sagt Benny Tai. Doch der 50-jährige Rechtsprofessor der Hongkong University findet das nicht weiter schlimm. Mit listigem Augenzwinkern sagt der Mitbegründer der Occupy-Bewegung: «Wir können viel tun, um unseren zivilen Ungehorsam unter Beweis zu stellen. Das muss nicht immer konfrontativ sein.»
Erneut dürfte Peking den Chefbeamten bestimmen
Tai sagt voraus, dass das pseudodemokratische Wahlgesetz, an dem sich die Proteste entzündet haben, gar nie in Kraft treten werde. «Es wird im Lokalparlament nicht die notwendige Stimmenmehrheit bekommen.» In diesem Falle, so hat Peking bereits verkündet, werde 2017 halt keine Volkswahl durchgeführt. Stattdessen werde der neue Chefbeamte von Hongkong wieder wie bisher durch ein 1200-köpfiges Gremium mit pekingtreuen Wahlmännern ernannt.
Doch wenn der Chefbeamte 2017 im kleinen Kreis bestimmt werde, werde er keine breite Wählerbasis haben, sagt Tai. «Das wird denkbar unpopulär sein», ist der Professor überzeugt. Genau das wollen sich die Demokratieaktivisten zunutze machen. Man könne viel tun, um den zivilen Ungehorsam kreativ zu zeigen: «Beispielsweise durch das Veranstalten einer ‹Parallelwahl› oder das Einsetzen eines ‹Schatten-Chefbeamten›, als Gegensatz zur etablierten illegitimen Regierungsform.»
«Gegen-Wahl» als Protestaktion
Tatsächlich sei man in der Lage, eine eigene Wahl zu organisieren, so Tai. Er verweist darauf, dass die Occupy-Bewegung im Juli via Internet bereits eine Art Referendum zur Wahlreform durchgeführt hat, an dem sich beinahe eine Million Hongkonger Bürger beteiligten. «Wir können mit dieser von uns entwickelten Methode einen Chefbeamten elektronisch und durch das Hongkonger Volk wählen lassen.»
Professor Tai fügt an, dass die so gewählte Person Abertausende von Stimmen bekommen werde. «Viel mehr als die durch das offizielle System bestimmte Person.» Diese könne ja höchstens die 1200 Stimmen des Wahlmännergremiums von Pekings Gnaden auf sich vereinen. Damit könne die Demokratiebewegung aufzeigen, wie illegitim die offizielle Wahl mit dem Pekinger System wirklich sei.
Ob das genügend Druck auf Peking ausüben wird, um in Zukunft Änderungen zu akzeptieren, könne er nicht voraussagen, fügt der Professor an. Diesmal ist sein Lächeln etwas bitterer.