Keiner kennt den Spagat zwischen Freiheit und Sicherheit besser als Otto Schily, der einstige Rechtsanwalt von RAF-Terroristin Gudrun Ensslin und der Innenminister, der nach 9/11 die Sicherheit Deutschlands verteidigte. In der aktuellen Flüchtlingskrise setzt er auf Sicherheit. Notfalls müsse Deutschland sogar die Grenzen vorübergehend schliessen.
Eine Obergrenze könne man zwar nicht beziffern. Aber Deutschland habe die Kontrolle verloren, denn zurzeit finde eine massenweise illegale Einwanderung statt. 60% der Zugewanderten fielen weder unter das Asylrecht, noch seien sie Flüchtlinge nach der Genfer Konvention.
Wie bedroht ist Deutschland durch den Terrorismus? Könnte ein Anschlag wie in Frankreich auch jenseits des Rheins geschehen?
«Deutschland hat auch Glück gehabt»
Deutschland habe nach 9/11 ein Antiterrorzentrum in Berlin geschaffen, in dem die wichtigsten Sicherheitsbehörden an einem Ort bislang erfolgreich zusammenarbeiteten, sagt der ehemalige Innenminister. Aber Deutschland habe auch Glück gehabt.
Und die Brandanschläge in Deutschland? Die rechtsextremen Demonstrationen von Pegida? Haben viele Deutsche das Gefühl, sie hätten zu wenig zu sagen in der aktuellen Politik und greifen deshalb zu rhetorischer und physischer Gewalt? Bräuchte Deutschland mehr Volksabstimmungen?
Nicht für alle ist direkte Demokratie gut
Otto Schily findet: Jedes Land habe seine gewachsene Tradition und deshalb lehnt er mehr direkte Demokratie für Deutschland ab.
Trotz seiner Bedenken sagt der Anwalt, die Zuwanderung der vergangenen Jahrzehnte habe Deutschland positiv verändert. Aber er möchte nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel loben, obwohl ihre Partei, die CDU einen grossen Wandel vollzogen habe und die Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei, endlich akzeptiere.
Rot-Grün machte Deutschland weltoffen
Vorreiter aber sei die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder gewesen, die 1998 ein neues Staatsbürgerschaftsrecht geschaffen habe.
Rot-Grün habe von 1998-2005 Deutschland zu einem weltoffeneren Land gemacht.