Lange tat sich Deutschland schwer mit einem militärischen Eingreifen in Syrien. Jetzt dringen neue Töne aus der Hauptstadt: «Die Regierung hat heute schwere, aber richtige und notwendige Schritte beschlossen», sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Abend in Berlin.
Damit bestätigt die Regierung: Künftig sollen Aufklärungsjets Ziele der Terrormiliz IS aus der Luft auskundschaften und so die Luftangriffe der alliierten Kräfte vorbereiten. Zudem soll das deutsche Vorzeige-Kriegsschiff, die Fregatte «Hamburg», dem Flugzeugträger «Charles de Gaulle» Rückendeckung geben.
Was zunächst nach einer reinen Beobachtungsmission klingt, ist für SRF-Korrespondent Adrian Arnold mehr: «Man muss ganz klar festhalten: Wer Ziele aufklärt und Fotos weitergibt, damit die anderen militärisch aktiv werden können, ist natürlich Teil dieses militärischen Einsatzes.»
Merkel: «Dürfen nicht zuschauen»
Nicht zuletzt seit dem Krieg in Afghanistan steht die deutsche Politik militärischen Interventionen im Nahen und Mittleren Osten skeptisch gegenüber; jetzt will die Regierung Merkel deutlich mehr Präsenz bei der Bekämpfung des IS zeigen. Warum diese Kehrtwende?
«Angela Merkel hat Frankreich schon in den ersten Stunden nach den Terroranschlägen zusätzliche Hilfe angeboten. Es handelt sich auch um ein politisches Signal: Dafür, dass Europa geschlossen zusammenstehen muss», sagt Arnold. Dem könne sich Deutschland mit seiner Führungsrolle in Europa auch nicht verwehren.
Tatsächlich bezeichnet Merkel den geplanten Bundeswehreinsatz im Kampf gegen den IS «als notwendige Entscheidung im Kampf gegen den Terror.» Man dürfe, sagte Merkel gemäss Teilnehmern einer abendlichen Sondersitzung, dem Erstarken des IS nicht einfach zuschauen.
Grüne Mahner – Linke Fundamentalopposition
Dass Deutschland mit seinem Vorhaben jetzt aktiv in den Krieg gegen den Terror eingreift, findet auch die Opposition. Einvernehmlich ist das Echo auf die Pläne der Regierung indes nicht: Die Grünen vermissen eine «Gesamtstrategie» für Syrien und eine saubere rechtliche Grundlage, etwa ein UNO-Mandat für den Kriegseinsatz.
Trotz einem fehlenden UNO-Mandat sieht Aussenminister Frank-Walter Steinmeier den deutschen Beitrag «auf sicherem rechtlichen und völkerrechtlichen Boden». Er verwies insbesondere auf die jüngste UNO-Resolution, die nach den Anschlägen von Paris alle Staaten auffordert, «alle nötigen Massnahmen» im Kampf gegen den IS im Irak und Syrien zu ergreifen.
Fundamental ist die Opposition der Linken: Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte in Berlin, der Einsatz werde den Terror und den IS nicht schwächen. «Er erhöht auch die Terrorgefahr in Deutschland.» Man werde den IS nicht mit militärischen Mitteln besiegen können, solange es weiter Geldströme gebe und der IS mit Ölgeschäften weiter agieren könne.
Der Bundestag dürfte zustimmen
Trotz der kritischen Töne hält Korrespondent Arnold die Chance für «sehr gross», dass der deutsche Bundestag dem Ansinnen der Regierung zustimmt: «Die Gespräche scheinen sehr weit vorangeschritten. Sonst wäre der verteidigungspolitische Sprecher der Union nicht schon mit so konkreten Details an die Presse getreten.»
Denn, so schliesst Arnold: «Der Terroranschlag in Paris war auch ein Angriff auf Europa und die Werte des Westens. Darin sieht wohl auch die Mehrheit im Bundestag und in Deutschland generell die Legitimation dafür, sich diesem militärischen Bündnis in dieser Form anzuschliessen.»