SRF News: Steht die Partei jetzt geschlossen hinter Trump?
Beat Soltermann in Cleveland: Nein, keinesfalls. Auch wenn hier von offizieller Seite immer wieder krampfhaft diese Parteieinheit zelebriert und betont wurde. Aber keiner glaubt daran, denn der Streit innerhalb der Republikanischen Partei war überall und deutlich sichtbar.
Wie haben sich diese Gräben am Parteitag gezeigt?
Zuerst gab es einen Streit um das Nominierungsverfahren, den die Gegner Trumps zwar verloren, der aber doch den Widerstand gegen Trump aufzeigte und viel Getöse verursachte. Dahinter standen vor allem Anhänger des parteiintern unterlegenen Kandidaten Ted Cruz. Dann gab es erstaunlich viele Buhrufe gegen jene wenigen Politiker aus Washington, die überhaupt nach Cleveland gekommen sind – die meisten «Establishment-Politiker» blieben der Veranstaltung ja fern. Zudem hat sich Ted Cruz, der grosse Widersacher Trumps, geweigert, diesen offiziell zu unterstützen. Das war eine Desavouierung zur besten TV-Sendezeit. In der Folge musste Cruz' Gattin Heidi aus Sicherheitsgründen aus dem Saal eskortiert werden. Es gibt also Gräben zwischen den früheren Kandidaten, Gräben zwischen den klassischen Republikanern und den Trump-Republikanern. Eintracht sieht anders aus.
Woran stören sich die Trump-kritischen Republikaner? Sind es eher die inhaltlichen Positionen oder der Stil Trumps?
Sie stören sich an beidem. Trump ist für sie ein grossmäuliger, politischer Quereinsteiger. Er ist ja erst kürzlich überhaupt der Republikanischen Partei beigetreten. Zudem haben sie Angst, dass Trump die konservativen Werte der Partei verrät. Tatsächlich steht Trump programmatisch überhaupt nicht in der Tradition der «Grand Old Party», die eigentlich für freie Märkte, freien Handel und für eine konservative Haltung bei gesellschaftlichen Fragen steht – oder zumindest bisher gestanden ist. Trump ist das egal. Er macht seine Show und bietet das an, was seine Fans hören wollen – auch wenn er dafür mal seine Haltung ändern muss. Das entspricht weder dem Stil noch dem Parteiprogramm der Partei Lincolns und Reagans.
Trump macht seine Show und bietet das an, was seine Fans hören wollen – auch wenn er dafür mal seine Haltung ändern muss.
Was hat Donald Trump getan, um diese Gräben zuzuschütten oder zumindest weniger tief zu machen?
Nicht viel. Es gab keinen ernsthaften Versuch, die Partei zu einen. Trump kann nicht aus seiner Haut: Er ist, wie er ist, sagt, was er gerade denkt. Das kommt selten gut. Ausserdem ist die Antipathie durchaus gegenseitig. Die früheren parteiinternen Rivalen, die sich überhaupt die Mühe genommen haben, nach Cleveland zu kommen und hier zu reden, haben sich weniger für Trump geäussert als gegen Hillary Clinton gewettert. Ben Carson nannte Clinton «Luzifer», Chris Christie führte einen imaginären Strafprozess gegen sie durch. Auch der E-Mail-Skandal kam immer wieder zur Sprache. Dazu riefen die Delegierten immer wieder «Lock her up» – sperrt sie hinter Gitter. Es scheint, als ob der abgrundtiefe Hass auf Hillary Clinton das einzige ist, was die Republikaner noch zusammenhält.
Lässt sich im Herbst allein mit dem Hass gegen Hillary Clinton die Präsidentschaftswahl gewinnen?
Das reicht kaum. In allen seriösen Umfragen ist Donald Trump gegenüber Hillary Clinton derzeit im Hintertreffen. Schon jetzt sieht es also nicht so gut für ihn aus und nun folgt der Parteitag der Demokraten, bei dem sich alles auf Clinton fokussieren wird. Trotzdem: Bis zum Wahltag geht es noch vier Monate. Da kann noch viel passieren, gerade in diesem verrückten Wahlkampf 2016.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.