Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wird in Ägypten die Präsidentenwahl fortgesetzt. Die Behörden erklärten den zweiten Abstimmungstag kurzfristig zum Feiertag. Ministerpräsident Ibrahim Mehleb sagte im Fernsehen, Staatsbedienstete bräuchten nicht bei der Arbeit zu erscheinen.
So solle dem Wunsch der Menschen nachgekommen werden, abstimmen zu können. Die Wahlkommission teilte zudem mit, die Wahllokale würden einen Tag länger geöffnet bleiben, als geplant, damit möglichst viele Ägypterinnen und Ägypter ihre Stimme abgeben könnten.
Tiefe Wahlbeteiligung
SRF-Korrespondent Philipp Scholkmann sieht darin ein indirektes Eingeständnis der Regierung, dass sich die Stimmbeteiligung bisher in Grenzen hält. «Es gehen Leute wählen – aber weniger, als sich Sisi erhofft hatte», stellt Scholkmann fest.
Die Schlangen vor den Wahllokalen seien kürzer als bei früheren Wahlen. Kronvavorit und Abdel Fattah al-Sisi möchte ein starkes Mandat vom Volk und eine entsprechend grosse Beteiligung der fast 54 Millionen Wahlberechtigten.
Sisi ein neuer Mubarak?
Der Korrespondent hat unter den Abstimmenden vor allem ältere Menschen ausgemacht: «Es scheint, dass die junge Generation der einstigen Tahrir-Aktivisten dem neuen starken Mann und General Sisi eher skeptisch gegenübersteht.»
Es bestehe im Land die Angst, dass Ägypten von Sisi ähnlich autoritär geführt werden könnte, wie vom Anfang 2011 gestürzten Langzeitherrscher Husni Mubarak, sagt Scholkmann. «Sisi sprach im Wahlkampf viel von Ruhe und Ordnung aber wenig von Demokratie und bürgerlichen Freiheiten.»
Nur wenige Störversuche
Der erste Wahltag blieb trotz einzelner Störversuche weitgehend friedlich. Nach Angaben örtlicher Wahlbeobachter kam es in Kairo, Alexandria und mehreren Provinzstädten zu Protestaktionen der Muslimbruderschaft. Sie hatte zu einem Boykott der Abstimmung aufgerufen.
Die Demonstranten bezeichneten die Wahl als «Theater». Vor einigen Wahllokalen detonierten kleine, selbstgebaute Sprengsätze. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde niemand verletzt.
Neben den Muslimbrüdern hatten auch die Islamistenpartei Starkes Ägypten und mehrere Revolutionsgruppen zum Boykott aufgerufen. Tausende Muslimbrüder und Dutzende Demokratie-Aktivisten wurden seit Sommer 2013 inhaftiert.
Begeisterung bei Sisi-Anhängern
Im Gegensatz dazu stellten sich vor allem Anhänger Sisis vor den den Wahllokalen voller Enthusiasmus an. Der General hatte im vergangenen Sommer Präsident Mohammed Mursi gestürzt, der aus der Muslimbruderschaft stammt. Einziger Gegenkandidat Sisis ist der Linkspolitiker Hamdien Sabahi. Ihm werden kaum Wahlchancen eingeräumt.
Das offizielle Ergebnis er Wahl soll am 5. Juni verkündet werden.