Die USA und der Klimaschutz, das ist keine «love affair». Das weiss keiner besser als Präsident Barack Obama, der mit Klimagesetzen bereits Schiffbruch erlitten hat.
Trotzdem versucht er es ein weiteres Mal. Und weil das Geschäft so schwierig ist, diesmal mit einer konzertierten Aktion. Bereits am Samstag hat er in einer Videobotschaft das Feld bereitet: Als Präsident und als Vater weigere er sich, den Kindern des Landes einen zerstörten Planeten zu hinterlassen.
Jeder Bundesstaat kann eigene Regeln festlegen
Etwa 40 Prozent aller CO2-Emissionen der USA werden von Kohle- und Gaskraftwerken ausgestossen. Doch das Land habe keine national gültigen Regeln gegen diese Verschmutzung, sagt Obama. Das sei weder klug noch sicher.
Am Montag hat die Leiterin der US-Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy, diese neuen Regeln vorgestellt. Bis ins Jahr 2030 müssen die fossilen Kraftwerke ihren CO2-Ausstoss im Vergleich zum Jahr 2005 um 30 Prozent senken.
Diese Beschränkung gilt aber nicht für jedes Kraftwerk einzeln, sondern die US-Bundesstaaten können eigene Regeln festlegen, um ihren CO2-Ausstoss zu reduzieren. So können sie die Kraftwerke zwingen, effizienter zu werden, oder sie können erneuerbare Energien fördern. Unter dem Strich droht aber wohl manch besonders dreckigem Kohlekraftwerk das aus. Etliche sind alt und ineffizient.
Klimaschutz-Gegner wollen vor Gericht ziehen
Die neuen Regeln der US-Umweltbehörde EPA sind ein grosser Schritt vorwärts, lauten erste Reaktionen. Das sieht auch Rebecca Bertram so. Sie ist die Umweltexpertin der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung in den USA und verfolgt die Klimapolitik seit langem: «Die Massnahmen sind sehr ambitioniert. Zum ersten Mal sagt ein Präsident, ich werde die existierenden Kraftwerke in den USA regulieren.»
Die Gegner eines besseren Klimaschutzes sehen das naturgemäss anders. Sie befürchten höhere Strompreise, das Aus der Kohleindustrie, Jobverluste, und sie kündigen an, die neuen Regeln bekämpfen zu wollen. Nick Rahall zum Beispiel, Vertreter des Kohlestaats West Virginia, will sie vor Gericht anfechten.
Kohleindustrie wurde im Vorfeld angehört
Die Regeln sind noch nicht endgültig, es folgt eine Anhörungsperiode. Doch Rebecca Bertram von der Böll-Stiftung glaubt nicht an den Erfolg der Kohlefreunde: «Natürlich gibt es die Gefahr, dass es die eine oder andere Rechtsverhandlung gibt zu diesen Zielen. Ich nehme aber nicht an, dass es grosse Auswirkungen hat.»
Der Grund: Die Umweltbehörde und Präsident Obama haben schon im Vorfeld die Bundesstaaten und die Industrie angehört. Vor allem die Industrie wolle in erster Linie Planungssicherheit, und diese gäben ihnen die Regeln bis 2030, urteilt Bertram.
Hoffnung auf Nachzug von China und Indien
Vielerorts ist spekuliert worden, dass Obamas klimapolitischer Schachzug die internationalen Klimaverhandlungen deblockieren könnte. Bis 2015 will die Weltgemeinschaft ein neues Klima-Abkommen verabschieden. Bisher sind die Fortschritte sehr verhalten, und die USA galten als Bremser.
Ob das nun wie erhofft ändert, bleibt abzuwarten, sagt Qi Ye, ein chinesischer Umweltpolitologe von der renommierten Tschingchua Universität. Die Klimaschutzmassnahmen der USA hinkten immer noch hinter jenen der EU nach.
Das heisst: Sie bedeuten für die anderen grossen Länder wie China und Indien keinen riesigen Druck, ihren Klimaschutz drastisch zu verstärken. Aber vielleicht verbessert Präsident Obamas guter Wille die Atmosphäre an den Verhandlungen doch ein bisschen.