Nach Frankreichs Empörung über die Spionage des US-Geheimdienstes NSA hat sich Präsident Barack Obama an den französischen Staatschef François Hollande gewandt. Die neuen Berichte, nach denen die NSA in Frankreich nicht nur Feinde ausspioniere, lieferten ein verzerrtes Bild, so Obama in einem Telefonat mit Hollande.
«Das muss aufhören»
Einige Berichte stellten aber auch «berechtigte Fragen» über die Arbeit der NSA. Die USA hätten begonnen, ihre Methoden für die Sammlung von Informationen zu überprüfen, versicherte Obama. In einer Erklärung des Élysée hiess es, Hollande habe seine «tiefe Missbilligung» solcher Praktiken deutlich gemacht.
Bei einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen John Kerry hat Aussenminister Laurent Fabius erneut ein Ende des Ausspionierens der Telefonate von Franzosen durch die NSA gefordert. Solche «unter Partnern inakzeptable Spionage-Praktiken» müssten aufhören.
Millionen Datensätze
Frankreichs Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem mahnte, es müsse eine «Eskalation» des Streits verhindert werden. Die USA und Frankreich hätten eine «sehr enge Beziehung».
«Le Monde» berichtete, die NSA habe in Frankreich auch Personen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung ausspioniert. So sollen Ende 2012 und Anfang 2013 rund 70,3 Millionen Datensätze zu Telefonverbindungen registriert worden sein.
«Abhören, was sie wollen»
«Der Spiegel» hatte darüber bereits im Juni berichtet. In Frankreich gebe es ein «ohrenbetäubendes Schweigen» kommentierte die Tageszeitung «Le Monde» damals. Nun ist die Empörung der Regierung Hollande plötzlich lauter.
Oppositionspolitiker vermuten, dass die mit äusserst schlechten Umfragewerten kämpfende Regierung so aktiv ist, weil sie sich Ablenkung von innenpolitischen und innerparteilichen Problemen erhofft. Französische Geheimdienstler können über die Aufregung nur Schmunzeln. «Alle Experten wissen seit langem, dass die Amerikaner abhören, was sie wollen», sagte der frühere Chef des französischen Nachrichtendienstes DGSE.