Fiasko, Desaster, unglaubliche Peinlichkeit. Eine dilettantische Internetseite bescherte US-Präsident Obamas Prestigeprojekt einen Horrorstart. Unzählige Amerikaner scheiterten bei der Beantragung der neuen Krankenversicherung.
Die Republikaner frohlockten. Denn damit war ausgerechnet der Start des Kernstücks von Obamas Gesundheitsreform völlig schief gegangen. Der versprach erst am Mittwoch in Boston wieder, die marode Seite schnell auf Vordermann bringen zu wollen.
Fehlermeldungen, frustrierte Nutzer und falsche Daten
Doch reicht das wirklich aus? Ja, sagte US-Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius gestern bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus. Dabei entschuldigte sie sich für den chaotischen Start des Onlineportals. Viele Menschen in den USA hätten mit der Internetseite eine «erbärmlich frustrierende Erfahrung» gemacht, so Sebelius.
Denn die grosse Mehrheit der Besucher der Seite erhielt zum Start frustrierende Fehlermeldungen. Nur ein Bruchteil konnte sich registrieren, noch weniger letztlich einen Vertrag abschliessen. Und am Ende lieferte die Seite falsche Daten an die Versicherungen.
«Mit einem Online-Portal, das nicht funktioniert, hatte die Gesundheitsreform einen denkbar schlechten Start», sagt SRF-Korrespondent Arthur Honegger. Das würden Obamas Gegner nun nutzen, um ihre Kritik am Gesetz zu untermauern. Ihr Ziel sei es, den Präsidenten zu schwächen und die Reform zu verlangsamen.
Kompliziertes System sorgt für viel Kritik
Doch nicht nur politische Gegner hadern mit dem Start. Viele Amerikaner fragen sich: Wie kann der Regierungschef eines Landes, in dem Amazon, Facebook, Google und Apple gegründet wurden, sein Prestigeprojekt so daneben gehen lassen?
Trotz der Startschwierigkeiten halten die Befürworter Obama aber bisher die Stange. «Wer hinter dem Gesetz steht, ist gewillt die Pannen bei der Webseite als Kinderkrankheiten abzutun – bis jetzt jedenfalls. Wer der Reform seit jeher kritisch gegenübersteht, sieht sich durch die Probleme bestätigt», so Arthur Honegger.
Neben der grundsätzlichen Skepsis gegenüber allen staatlichen Programmen komme bei der Gesundheitsreform hinzu, dass sie eine Mischung aus staatlichen und privaten Elementen darstelle. «Das macht das System sehr kompliziert und ist wohl auch der Hauptgrund, warum viele Amerikaner so kritisch sind.»
«Die Reform wird kommen»
Diese Stimmung versuchten auch die oppositionellen Republikaner zu nutzen. Sie blockierten den Staatsetat und die Anhebung der Schuldengrenze, um Obama zu zwingen, die Einführung seiner Krankenversicherungspflicht zu verschieben. Dabei riskierten sie auch den Beinahe-Bankrott der USA.
Letztlich verloren sie damit zwar auf ganzer Linie, hoffen aber nun, dass der Start der Gesundheitsreform wegen der technischen Probleme noch hinausgezogen werden kann. Einige Republikaner hoffen gar, dass sie gänzlich gekippt wird.
Doch dafür stünden die Chancen eher schlecht, weiss Arthur Honegger. «Die Reform zu streichen ist kaum praktikabel. Sicher ist allerdings, dass sie überarbeitet werden muss.»
Die Gesundheitsreform ist Obamas Prestigeprojekt. Innerhalb eines Jahres sollen sieben Millionen Menschen durch «Obamacare» versichert sein. Wie viele es bislang sind, traut sich die Regierung allerdings nicht zu sagen.