SRF News: US-Präsident Barack Obama sagte nach der Erschiessung von drei Polizisten in Baton Rouge, die Amerikaner müssten sich nun darum bemühen, das Land zu einen, statt es weiter zu spalten. Es ist nicht das erste Mal, dass er das sagt. Kommt diese Aufforderung bei der Bevölkerung überhaupt noch an?
Priscilla Imboden: Das ist fraglich. Seine mässigenden Worte sind sicher wichtig in einem solchen Moment. Aber sie wirken etwas hilflos und repetitiv. Immer wieder musste Obama sie vortragen. Zudem findet im Moment ein sehr schriller Wahlkampf statt. Da droht eine gemässigte Stimme rasch unterzugehen.
Als erster schwarzer Präsident war Obama ein Hoffnungsträger für viele Schwarzen. Am Ende seiner Amtszeit scheint es nun aber, dass die Probleme zwischen der schwarzen und weissen Bevölkerung grösser geworden sind. Stimmt dieser Eindruck?
Viele Bürgerinnen und Bürger in den USA teilen diesen Eindruck. Neuste Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der US-Amerikaner glaubt, dass die Beziehungen zwischen den verschiedenen Rassen sich verschlechtert haben und sich in nächster Zeit noch verschlimmern werden.
Gemäss neusten Umfragen glaubt eine Mehrheit der US-Amerikaner, dass sich die Beziehungen zwischen Schwarzen und Weissen in nächster Zeit noch verschlimmern werden.
Woher kommt dieses Gefühl in der Bevölkerung?
Unmittelbar schuld daran ist die Polizeigewalt gegen die schwarze Bevölkerung, die in den letzten anderthalb Jahren über die Massenmedien bekannt wurde. Für die schwarze Bevölkerung selber war das keine Neuigkeit, der restlichen Bevölkerung war das aber nicht genügend bewusst. Auch die tödlichen Angriffe auf Polizisten in den vergangenen Tagen trugen das ihre bei. Die Wahl Obamas schliesslich hat auch zu einer Mobilisierung rassistischer Gruppierungen geführt. Diese erlebten einen Zulauf. Es handelt sich dabei um Menschen, denen es schwer fällt zu akzeptieren, dass die Bevölkerung in den USA farbiger wird und dass ein Schwarzer auch Präsident sein kann. Viele Trump-Wähler hegen den gleichen Rassismus und Trump bedient sie mit seinen Aussagen.
Vor knapp zwei Jahren erschoss die Polizei den unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Michael Brown. War das der Beginn einer neuen Ära?
Damals kippte die Stimmung zu Gunsten der Schwarzen. Einer breiten Bevölkerung wurde damals bewusst, dass die Schwarzen eine andere Polizei erleben als die Weissen. Das rüttelte auch viele Weisse auf und brachte sie dazu, auf die Strassen zu gehen und Reformen zu verlangen.
Wie sollen diese Reformen aussehen?
Im Zentrum steht die Ausbildung der Polizisten. Diese soll mehr auf Deeskalation fokussiert sein. Zudem sollen die Polizeikorps anders zusammengesetzt werden, damit sie die Bevölkerung besser widerspiegeln und einen besseren Kontakt zu den Menschen haben.
Es braucht nicht mehr viel, damit sich die Fronten zwischen Schwarz und Weiss erneut verhärten.
Sind diese Reformen nun wieder in Gefahr?
Das ist nicht auszuschliessen. Es braucht nur noch wenige Ereignisse wie das von Baton Rouge, damit der ganze Goodwill, der über die letzten zwei Jahre entstand, verspielt ist. Sollte das eintreffen, werden sich die Fronten erneut verhärten.
Der voraussichtliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Donald Trump, trägt das seine bei.
Trump hat sich nach dem jüngsten Ereignis von Baton Rouge wie üblich auf Twitter geäussert. Mit Blick auf Baton Rouge schrieb er, Obama habe keine Ahnung, wovon er rede. Das ganze Land sei von Kriminalität überzogen. Alles werde nur noch schlimmer. Trump schürt also weiter die Unsicherheit und die Furcht in der Bevölkerung.
Wäre die Demokratin Hillary Clinton besser als Präsidentin geeignet als Trump?
Man kann von Clinton halten was man will. Sie ist aber auf keinen Fall eine Hetzerin. Sie äusserte sich ebenfalls zu den jüngsten Ereignissen von Baton Rouge und sagte, die Menschen dürften sich nun nicht voneinander abwenden. Vielmehr müssten sie zusammen gegen die Gewalt einstehen.
Das Gespräch führte Simon Leu.