In der Ostukraine spitzt sich die Lage weiterhin gefährlich zu. Um 8.00 Uhr MESZ ist ein Ultimatum der Übergangsregierung in Kiew verstrichen. Es galt den pro-russischen Separatisten und fordert sie auf, die Waffen niederzulegen und die besetzten Verwaltungsgebäude zu räumen.
Russland empört über Mobilisierungs-Befehl
Nur wer bis Montagmorgen die Waffen niederlege und die besetzten Verwaltungsgebäude verlasse, werde strafrechtlich nicht belangt, sagte Übergangspräsident Alexander Turtschinow am Sonntag in Kiew. Zugleich drohte er mit einem «gross angelegten Anti-Terror-Einsatz» unter Beteiligung der Streitkräfte, um die Unruhen im Osten des Landes zu beenden.
Moskau warnte die Ukraine nachdrücklich vor einem Militäreinsatz, der zu einem «Bürgerkrieg» führen könne. Moskau sei «empört über den verbrecherischen Befehl» von Turtschinow, der die Proteste von der Armee niederschlagen lassen wolle, teilte das Aussenamt in Moskau am Sonntag mit. Eine Sichtweise des Konflikts, die im UNO-Sicherheitsrat in der Nacht auf Montag niemand teilen wollte.
China unterstützt Moskau nicht
Die USA warfen Russland vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vielmehr vor, für die blutigen Kämpfe in der Ostukraine verantwortlich zu sein. «Es ist eine Tatsache, dass diese Form der Instabilität die schlimmste ist – sie ist komplett künstlich hergestellt. Diese Instabilität wurde erfunden und entworfen in und von Russland», sagte die US-Botschafterin Samantha Power in der Nacht bei einer auf Wunsch Russlands kurzfristig einberufenen Sondersitzung des Gremiums.
Power bekräftigte ebenso wie die Vertreter Grossbritanniens und Frankreichs den Vorwurf an die russische Regierung, hinter der Abspaltungsbewegung in der Ukraine zu stehen. Das Drehbuch für die Destabilisierung der Ukraine sei in Russland geschrieben worden, sagte Power.
Auch vom traditionellen Verbündeten China erhielt Russland keine Unterstützung. Der chinesische Vertreter im Sicherheitsrat appellierte lediglich an alle Seiten, Zurückhaltung zu üben.
Russland reagiert mit eigenem Veto
Russlands Botschafter Witali Tschurkin wies die Vorwürfe bei einer hitzigen Debatte, bei der sich keines der anderen 14 Mitglieder des Rates auf die Seite Russlands stellen wollte, zurück. Die Unruhen würden aus der Ukraine selbst befeuert.
Er rief das Nachbarland zudem auf, die Armee nicht einzusetzen. «In nur wenigen Stunden könnten sich die Dinge zum Schlechteren wenden.» Russlands Aussenminister Sergej Lawrow hatte die von der Führung in Kiew angeordnete Mobilisierung der Armee bereits als «kriminellen Befehl» bezeichnet.
Der UNO-Sicherheitsrat hatte sich zuvor bereits mehrfach zu Sondersitzungen zum Ukraine-Konflikt getroffen. Etwas Greifbares war dabei bislang nicht herausgekommen. Einen Resolutionsentwurf, mit dem das Referendum auf der Krim verurteilt werden sollte, hatte Russland mit seinem Veto blockiert.
Nato appelliert an Moskau
Das westliche Militärbündnis forderte Moskau zur Beruhigung der Lage auf. «Ich bin äusserst beunruhigt über die weitere Eskalation der Spannung in der Ostukraine», erklärte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Männer mit russischen Spezialwaffen und in Uniformen ohne Abzeichen erinnerten an das Auftreten russischer Truppen bei der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim. Das sei eine schwerwiegende Entwicklung.
Ähnlich äusserte sich UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon.
Bei einem «Anti-Terror-Einsatz» gegen prorussische Separatisten in der Stadt Slawjansk waren zuvor am Sonntag nach Regierungsangaben mehrere Menschen getötet und verletzt worden.
Und auch in der ostukrainischen Stadt Charkow wurden bei Zusammenstössen von Gegnern und Anhängern einer Annäherung an Russland Menschen verletzt. Rund 1000 pro-russische Demonstranten sind unter anderem mit Sowjet-Fahnen durch das Zentrum der Stadt marschiert und mit mehreren hundert pro-westlichen Aktivisten aneinandergeraten.