Laut einem Reporter wurde der getötete 45-Jährige in der Stadt Gafsa von einer Tränengaspatrone am Kopf getroffen, als die Polizei Demonstranten an der Erstürmung von Regierungsbüros hindern wollte. Er sei kurze Zeit später im Spital gestorben.
Auslöser der Demonstrationen war der Tod des Oppositionspolitikers Mohamed Brahmi, der am Donnerstag vor seinem Haus erschossen wurde.
Rückzug aus Verfassungsversammlung
Unterdessen kündigten aus Protest gegen Brahmis Ermordung 42 oppositionelle Politiker ihren Rückzug aus der von den Islamisten kontrollierte verfassungsgebenden Versammlung an, die insgesamt 217 Sitze zählt. Sie fordern eine Auflösung der Versammlung und die Bildung einer Regierung der nationalen Rettung. Ministerpräsident Ali Larayedh lehnt dies jedoch ab.
Der 58-jährige Regierungskritiker Mohamed Brahmi war beim Verlassen seines Hauses bei Tunis erschossen worden. Laut dem Ergebnis der Autopsie wurde er von 14 Kugeln getroffen. Seine Kinder berichteten, zwei Männer auf einem Motorrad hätten das Attentat verübt.
Waffe ein zweites Mal eingesetzt
Brahmi wurde mit der gleichen Waffe ermordet, wie sechs Monate zuvor Oppositionspolitiker Chokri Belaïd. Dies zeige die ballistische Auswertung der Kugeln, die an den Tatorten aufgefunden wurden, sagte Tunesiens Innenminister Lotfi Ben Jeddou.
Erste Untersuchungen hätten gezeigt, dass die gleiche radikale Salafisten-Gruppe hinter der Tat stecke. Als Hauptverdächtiger gelte der extremistische Salafist Boubacar Hakim, der bereits wegen Verdachts auf Waffenschmuggels aus Libyen gesucht werde, sagte Jeddou weiter.
Arabischer Frühling in Gefahr
Nach der Ermordung Belaïds waren Anfang des Jahres seit längerem anhaltende Spannungen im Ursprungsland des Arabischen Frühlings eskaliert. Es kam zu Massenprotesten. Die islamistische Regierungspartei Ennahda stimmte deswegen einer Kabinettsneubildung zu. Bis heute ist die Tat nicht aufgeklärt.
Präsident Marzouki sagte am Donnerstagabend in einer Rede an das Volk, die Täter wollten den Arabischen Frühling diskreditieren. «Die Verantwortlichen dieses Dramas wollen zeigen, dass Tunesien kein Ort des Friedens ist, sondern auch kippen kann. Sie wollen beweisen, dass der Arabische Frühling überall gescheitert ist», sagte Marzouki.
Flugverkehr liegt lahm
Derweil sind zahlreiche Menschen dem Aufruf der grössten Gewerkschaft des Landes UGTT zu einem Generalstreik gefolgt. Europäische Fluggesellschaften mussten fast alle Flüge in das nordafrikanische Mittelmeerland streichen.
Während Beschäftigte im ganzen Land ihre Arbeit niederlegten, wehten in Tunis die Flaggen auf halbmast. Präsident Moncef Marzouki hat für den ganzen Tag eine Staatstrauer angeordnet. Er wolle damit ein Zeichen gegen Terrorismus und Gewalt setzen.