«Es ist genug, wir weichen keinen Schritt zurück. Wir haben keine Angst mehr!» Universitäts-Professorin Mirjana Najcevska ist klein, aber voller Energie. Ein paar Tausend Demonstranten haben sich vor dem Parlamentsgebäude in Skopje versammelt und hören ihr zu. «Wir haben es mit hohen Funktionären zu tun, die gelogen, gestohlen, betrogen, bedroht, gefoltert und getötet haben und wir haben sie auf frischer Tat ertappt», sagt Najcevska.
Wir haben es mit hohen Funktionären zu tun, die gelogen, gestohlen, betrogen, bedroht, gefoltert und getötet haben ...
Tatsächlich gibt es Beweismaterial dafür. Vor einem Jahr hat die linke Opposition eine ganze Reihe abgehörter Telefongespräche veröffentlicht, die zeigen was die nationalistisch-konservative Regierung in Mazedonien alles auf dem Gewissen hat.
Diskussion über die Höhe der Bestechung
Eines dieser Abhörbänder dröhnt auch hier an der Demo über die Lautsprecher: Zwei Politiker vereinbaren die Höhe eines Bestechungsgeldes. Alle auf dem Platz kennen die Geschichten schon lange und doch schütteln immer noch viele beim Zuhören den Kopf.
Die Abhörbänder belegen nicht nur mehrere grobe Korruptions-Skandale, sie zeigen auch, dass Tausende Bürger mit Bespitzelung gefügig gemacht wurden, dass sich eine Partei mit illegalen Methoden faktisch den ganzen Staat und wichtige Teile der Wirtschaft unter den Nagel gerissen hat. Und dass sie durch Manipulation der Wähler-Listen ein System aufgebaut hat, mit dem sie künftige Wahlsiege quasi auf sicher hatte.
Die Regierung ihrerseits wirft den Demonstranten vor, sie liessen sich von fremden Mächten wie der Stiftung des US-Milliardärs Soros instrumentalisieren und ein ausländischer Geheimdienst habe die Abhörbänder hergestellt.
Polizei in Kampfmontur stoppt die Demo
Die Demonstranten lachen darüber. Ihre Aktion endet wie jeden Tag. Vor dem Parlament bilden Polizisten in Kampfmontur einen Schutzschild. Über ihre Köpfe hinweg wird das Gebäude mit Farbbeuteln beworfen. Gleich nebenan steht der weisse pseudo-klassische Triumphbogen von Machthaber Gruevski. Auch er ist übersät mit bunten Farbklecksen.
Abseits des Lärms der Demo erklärt Professorin Najcevska, was es mit der bunten Revolution auf sich hat: «Unser wichtigstes Ziel ist es, Gewalt zu vermeiden» sagt Najcevska, die Konfliktforscherin. Die grosse Wut in der Bevölkerung über diese Machthaber könne sich beim Werfen von Farbbeuteln entladen, richte aber keinen wirklichen Schaden an. Mazedonien müsse einen friedlichen Weg finden, um diese Verbrecher vor Gericht zu bringen.
Ob das gelingt, ist unsicher. Für die Machthaber geht es um Sein oder Nicht-Sein. Sie haben es in der Hand, das Land mit in den Abgrund zu reissen.