Die libysche Justiz macht dem Sohn von Ex-Machthaber Gaddafi, Saif al-Islam, trotz eines gegenteiligen Richterspruchs des Internationalen Strafgerichtshofes weiter den Prozess.
Todesstrafe droht
Am Sonntag wurde eine Verhandlung gegen den Gaddafi-Sohn und 36 weitere hochrangige Funktionäre des früheren Regimes in Tripolis fortgesetzt. Mehrere Angeklagte nahmen per Videoschaltung teil, weil Milizen sich weigern, sie an die Behörden der Hauptstadt zu übergeben.
Der 41-jährige Saif al-Islam wird in der Stadt Al-Sintan gefangen gehalten. Ihm droht im Fall einer Verurteilung die Todesstrafe.
Libyen nicht zuständig
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hatte am Mittwoch in einem Berufungsverfahren Libyen die Zuständigkeit für den Prozess abgesprochen. Nach dem Urteil aus Den Haag soll sich Saif al-Islam wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor der internationalen Justizbehörde verantworten.
Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International und Human Rights Watch fordern ebenfalls die Auslieferung des Gaddafi-Sohns an Den Haag. Sie befürchten, dass er in Libyen kein faires Verfahren bekommt.
Kriegsverbrechen und Korruption
Die offizielle Nachrichtenagentur Lana berichtete am Sonntag, dass neben der Video-Schaltung aus Al-Sintan auch Angeklagte aus der Stadt Misrata zugeschaltet worden seien. Das libysche Fernsehen zeigte drei Bildschirme: Auf einem war das Gericht in Tripolis zu sehen, einer zeigte in schlechter Auflösung Saif al-Islam und ein weiterer Bildschirm andere Beschuldigte.
Den Angeklagten werden Kriegsverbrechen und Korruption angelastet, einigen droht wie Gaddafi die Todesstrafe. Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi war im August 2011 gestürzt und im Oktober 2011 getötet worden. Sein Sohn Saif war im November 2011 aufgespürt und festgenommen worden.
Abtrünniger General kämpft gegen Terroristen
In Libyen dauert die Krise an. Der abtrünnige libysche Generalmajor Chalifa Haftar kündigte laut arabischen Medien an, den Kampf gegen «Terroristen» fortzusetzen. Haftar hatte mit einem Angriff auf islamistische Milizen in Bengasi sowie auf das Parlament in Tripolis die jüngste Regierungskrise ausgelöst.
Am 25. Juni soll ein neues Parlament gewählt werden.