Der russische Präsident Wladimir Putin lüftet das Geheimnis um den Verbleib Edward Snowdens. Er befinde sich nach wie vor im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo. Ausserdem sagte Putin, dass Snowden ein freier Mann sei. Er habe in Russland kein Verbrechen begangen.
Bemühungen um Schadensbegrenzung
Die Ankunft des 30-jährigen Snowden sei für Russland eine Überraschung gewesen. «Ich hoffe, dass sich der Fall nicht auf die Beziehungen zwischen Russland und den USA auswirkt», sagte Putin.
«Je schneller Snowden sein Reiseziel wählt, umso besser für ihn und für Russland.» Russische Geheimdienste hätten nicht mit Snowden zusammengearbeitet, betonte der Kremlchef weiter.
Putin habe mit seinen Aussagen versucht, die Wogen ein wenig zu glätten, sagt Christof Franzen, SRF-Korrespondent in Moskau. Vor allem habe er sich gegen den Vorwurf wehren wollen, Russland sei ein Fluchthelfer für Landesverräter oder angebliche Landesverräter aus den USA.
Russland weigert sich Snowden auszuliefern. Putin argumentiere diesbezüglich nicht politisch, sondern juristisch: Ihm seien quasi die Hände gebunden. Damit könne Putin innenpolitisch einen kleinen Erfolg verbuchen, so Franzen: Putin habe es den USA wieder mal gezeigt. Und aussenpolitisch würden sich mit dieser Argumentation die Wogen wieder glätten und bald könne man sich wieder auf wichtige Fragen konzentrieren.
Auch US-Aussenminister John Kerry zeigte sich um Schadensbegrenzung bemüht. Es bestehe nicht die Notwendigkeit, «das Niveau der Konfrontation anzuheben», sagte Kerry vor Journalisten im saudiarabischen Dschidda. Er hoffe, Russland sehe es nicht als im eigenen Interesse gelegen an, sich an die Seite eines Mannes zu stellen, der auf der Flucht vor der Gerechtigkeit sei.
Snowden handelte aus Kalkül
Unterdessen wurde bekannt, dass Snowden seine Enthüllungen von langer Hand geplant hatte. Er habe sich nur in den US-Geheimdienst NSA eingeschlichen, um dessen Schnüffeleien im Internet aufzudecken, sagte Snowden der Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» zufolge. Allein aus diesem Grund habe er den Job als IT-Techniker bei der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton angenommen, die im NSA-Auftrag an der Internet-Überwachung beteiligt war. Dadurch konnte er sich Zugang zu Listen mit gehackten Computern in der ganzen Welt verschaffen.
Nach Angaben der «South China Morning Post», die nach und nach Teile ihres Interviews vom 12. Juni veröffentlicht, plant Snowden weitere Enthüllungen über Schnüffeleien der USA. Vorher wolle er das Material aber noch weiter sichten.
In den USA wächst offenbar die Sorge vor weiteren Veröffentlichungen, die die Sicherheit betreffen. Ein Expertenteam analysiere deshalb das NSA-Computersystem um festzustellen, über welche Kanäle er welche Informationen heruntergeladen habe, berichtete die «New York Times».