In der Türkei ist die Polizei mit einer landesweiten Razzia gegen Anhänger des Predigers Fethullah Gülen vorgegangen. Polizisten durchsuchten die Redaktion der regierungskritischen Zeitung «Zaman» in Istanbul und nahm deren Chefredaktor fest.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, gab es insgesamt Razzien in 13 Städten. Mindestens 25 Menschen seien festgenommen worden, darunter mehrere Mitarbeiter des Gülen-nahen Fernsehsenders Samanyolu. Laut Anadolu wird ihnen unter anderem die Bildung einer Vereinigung vorgeworfen, die die Macht im Staate an sich reissen wolle.
Razzia erwartet
Wie bei früheren Razzien war die Aktion zuvor durch einen mysteriösen Twitter-Nutzer namens Fuat Avni bekannt gemacht worden. Dieser warnte, die Polizei plane die Festnahme von 400 Menschen, darunter rund 150 Journalisten.
Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Freitag angekündigt, er werde die Gülen-Anhänger «bis in ihre Schlupfwinkel» verfolgen. Es handle sich nicht allein um ein «soziales Netzwerk», sondern um Handlanger «böser Mächte im In- und Ausland».
Gülen war lange ein Verbündeter und Weggefährte Erdogans. Er brach jedoch mit ihm, als die Regierung versuchte, das vom ihm betriebene Netzwerk von Schulen und Nachhilfeeinrichtungen unter ihre Kontrolle zu bringen.
Kritik der EU
Die EU verurteilte die Aktion als «unvereinbar mit der Freiheit der Medien». «Diese Operation widerstrebt den europäischen Werten und Standards», erklärte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini.
Sie verwies darauf, dass der Beitritt von EU-Kandidaten zur Union vom «vollen Respekt für die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte» abhänge. Die Türkei ist seit 1999 EU-Beitrittskandidat, seit 2005 wird darüber verhandelt.
Gülen äusserte in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung» vom Samstag scharfe Kritik an Erdogan. Unter Erdogan sei die Türkei zu einem «Parteienstaat und eigentlich sogar Ein-Mann-Staat» geworden, sagte der 73-Jährige. Dadurch verliere sie im Ausland «jeden Tag an Ansehen».