Dieter Freiburghaus:
Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!
Ein Nein der Griechen am Sonntag bedeutet noch nicht automatisch ihr Ausscheiden aus dem Euro; dieses wird aber wahrscheinlicher. Der konkrete Verlauf wird davon abhängen, ob die jetzige Regierung den Hut nimmt oder nicht.
Der Euro ist eine Währung, die nur für ein Ensemble von wirtschaftlich etwa gleich starken Ländern funktionieren kann. Insofern besteht die grösste Schuld der EU gegenüber Griechenland immer noch darin, dass man den ökonomisch unterentwickelten Staat vor 15 Jahren in die Eurozone aufgenommen hat.
Inzwischen ist das Land weiter zurückgefallen, und selbst ein massiver Verzicht der Gläubiger auf ihre Darlehen wird Hellas nicht wieder auf die Beine helfen. Die Wiedereinführung der Drachme dagegen würde Griechenland als Investitionsstandort wieder interessant machen.
Die Wiedereinführung der Drachme würde Griechenland als Investitionsstandort wieder interessant machen.
Zusammen mit einer radikalen Modernisierung des Staatsapparats böte dies die Chance für eine wirtschaftliche Erholung – allerdings wird man hierfür in Jahrzehnten rechnen müssen. Und das wird teuer, sehr teuer, vor allem für die Griechen, aber auch für die EU, die ihr Mitgliedsland ja nicht fallen lassen wird. Doch der Preis ist nicht zu hoch, denn jede andere Strategie führt längerfristig zum Untergang Griechenlands und des Euro.
Thomas Cottier:
Ja zur Eurozone und geordneter Sanierung
Ein Nein zu den vorliegenden Vorschlägen der Eurogruppe wird klarerweise als Abbruch der Verhandlungen und politisch als Fanal für den Austritt Griechenlands aus der Währungsunion aufgenommen.
Daran können Griechen und Europa kein Interesse haben. Denn die Wiedereinführung der abgewerteten Drachme ist für den Tourismus nicht erforderlich und vermag angesichts der strukturellen Schwächen von Industrie und übrigen Dienstleistungsexporten auch mittelfristig kaum neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Weder Staat noch Private werden angesichts der horrenden Staatsschulden Kapital zu vernünftigen Bedingungen aufnehmen können. Das Land riskiert, in Chaos und sozialen Unruhen mit ungewissem politischem Ausgang zu versinken und sich notwendigen Interventionen seitens der EU und der Nato Partner auszusetzen.
Das Land riskiert, in Chaos und sozialen Unruhen mit ungewissem politischem Ausgang zu versinken.
Ein Ja bringt bessere Voraussetzungen für eine langjährige Sanierung und für ein künftiges Programm, das mit Investitionen über Austeritätsmassnahmen hinausgeht, z.B. durch die Entwicklung und Förderung der Solarenergie für den Stromexport. Ein Ja festigt Griechenland in der EU und schafft bessere Voraussetzungen, die langjährige Tradition des Klientelismus und der Steuerhinterziehung zu überwinden und so die Staatsfinanzen langfristig zu sanieren.
Ein Ja legt die Grundlage für die Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens. Es schafft die Voraussetzungen, dass auf beiden Seiten aus gemachten Fehlern gelernt werden kann. Es erleichtert ein nachhaltiges Engagement der EU zum Wiederaufbau Griechenlands.