Die russische Bevölkerung muss künftig den Gürtel enger schnallen. Darauf stellte Kreml-Chef Wladimir Putin die Russen bereits ein. Doch vom Staatsbankrott sei das Land nicht akut bedroht, meint der Ökonom der Zürcher Kantonalbank (ZKB), Beat Schumacher.
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Das Land verfüge noch über Währungsreserven von rund 420 Milliarden US-Dollar. Zwar sei das Kapitalpolster innerhalb weniger Monate um 80 Milliarden geschrumpft, mit den verbleibenden Reserven könne sich Russland aber bestimmt noch ein bis zwei Jahre halten. Vorausgesetzt, die anhaltende Krise verschärfe sich nicht noch dramatisch, so der ZKB-Analyst.
Eine kurzfristige Erholung schliesst Schumacher aber aus – zu stark sei die russische Wirtschaft vom Export von Gas und Öl abhängig. Dieser belaufe sich auf rund 70 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Der Export von Agrarprodukten und Industriegütern sei mit vier Prozent eher marginal.
Die Sparer holen sich ihr Geld
Das Vertrauen in die eigene Wirtschaft ist auch bei der Bevölkerung gesunken. Auf den Strassen scheint sich Panik breit zu machen. Auf Twitter kursierten Meldungen, die von einem Ansturm auf die Banken sprechen. Vor den Bankautomaten bildeten sich lange Schlangen. Gemäss Medienberichten wurde am Dienstag beim russischen Geldinstitut «Sberbank» der Wechsel von Rubel in Euro oder Dollar eingestellt.
Dass Russland auf schwierige Zeiten zusteuert, bestätigt auch der ZKB-Ökonom. In den kommenden Jahren rechnet Schumacher mit einer Inflationsrate von bis zu zehn Prozent und folglich mit sinkendem Privatkonsum. «Russland wird in den kommenden zwei Jahren in eine Rezession rutschen.»
Keine schnelle Kehrtwende in Sicht
Ein einfaches Rezept, um dieser Situation möglichst rasch zu entkommen, sieht Schumacher nicht. «Zwingende Reformen wurden bislang nicht oder nur unzureichend angepackt. Der Maschinenpark der Industrie ist weitgehend veraltet, Innovationskraft nur wenig vorhanden», so die ernüchternde Bilanz des Experten.
Wichtige Investitionen in High-Tech-Produkte zur Erforschung neuer Erdölvorkommen würden durch die Sanktionen erschwert, ebenso der Zugang zum internationalen Kapitalmarkt. Zudem würden sich derzeit kaum ausländische Geldgeber finden lassen. Zu unsicher seien die gegenwärtigen Verhältnisse. Die Ausfälle liessen sich auch kaum durch die neue Ausrichtung hin zum Osten wettmachen.
Die Regierung und die russische Notenbank versuchen inzwischen, den Rubel mit Verkäufen ihrer Devisenreserven zu stützen. Eine drastische Zinserhöhung der russischen Zentralbank war dagegen zuvor verpufft. Der russische Aktienmarkt sei höchstens noch für risikofreudige Anleger von Interesse. Der Bankfachmann rät aber von diesem spekulativen Geschäft dringend ab. «Eine rasche Wende brächte nur einen Kurswechsel in der Politik und damit ist derzeit wohl kaum zu rechnen.»