Der britische Missbrauchsskandal könnte ein neues Kapitel bekommen: Die Polizei soll im grossen Stil Fälle von Kindesmissbrauch vertuscht haben, weil Politiker, Richter und hohe Polizeibeamte darin verwickelt waren. 14 entsprechende Vorwürfe würden geprüft, teilte die unabhängigen Polizei-Beschwerdestelle IPCC mit. Es gehe um Fälle zwischen 1970 und den 2000er Jahren.
Unter anderem soll Scotland Yard Beweise zurückgehalten, Ermittlungen be- oder verhindert und Taten vertuscht haben. So soll Hinweisen nicht nachgegangen worden sein, die Parlamentsabgeordnete und ranghohe Polizisten mit einem Pädophilen-Ring in Verbindung brachten.
Korruption auf hoher Ebene
«Bei diesen Vorwürfen geht es um sehr schwerwiegende Korruption in der Vergangenheit auf hoher Ebene», sagte die IPCC-Vize-Vorsitzende Sarah Green. Parallel laufen polizeiinterne Untersuchungen.
Vergangene Woche hatte Innenministerin Theresa May erklärt, Kindesmissbrauch sei «unsichtbar in die Struktur der britischen Gesellschaft eingewoben». «Das ist starker Tobak von einer konservativen Ministerin, die vermutlich etwas mehr weiss, als ich», sagt SRF-Grossbritannienkorrespondent Martin Alioth dazu.
Prominente in Pädophilie-Fälle verwickelt
In den vergangenen Monaten und Jahren hatten diverse schwere Fälle von Pädophilie in Grossbritannien für Schlagzeilen gesorgt. Verwickelt waren darin vor allem Promis: Der verstorbene TV-Unterhalter und DJ Jimmy Savile, Ex-Rocker Gary Glitter oder Entertainer Rolf Harris.
Vor allem der Fall Savile schlug hohe Wellen: «Savile hat sein Leben damit zugebracht, Kinder, Behinderte oder Demente zu misshandeln – wo auch immer er dazu grosszügig Gelegenheit erhielt», sagt Alioth. Dieser Fall brachte die Bemühungen der Regierung in Gang, allfällige Verwicklungen des offiziellen Grossbritanniens zu klären. Dazu gehören etwa die BBC, Spitäler, Kinderheime oder die Politik. Ein Untersuchungsausschuss mit weitreichenden Kompetenzen soll das dunkle britische Kapitel nun ausleuchten.