Chinas Metropolen wachsen. Besonders krass in der Grossregion Peking, wo sich die Bevölkerung seit der Jahrtausendwende verdoppelt hat. Rechnet man die Satellitenstädte in den angrenzenden Provinzen dazu, dann leben hier sogar dreimal so viele Menschen wie noch vor 15 Jahren.
Auch wenn viel gebaut wird, sind die Wohnkosten im vergangenen Jahrzehnt um ein Vielfaches gestiegen, in gewissen Stadtteilen von Peking haben sie sich gar verzehnfacht. Selbst für Angehörige des neuen, aufstrebenden Mittelstandes ist dies nicht mehr bezahlbar.
Keine Familie ohne eigene Wohnung
Zum Beispiel der 27-jährige Mark: Er arbeitet in der Werbeabteilung eines ausländischen Konzerns in Peking, hat einen abwechslungsreichen Job mit einem überdurchschnittlichen Lohn. Für den vergleichsweisen kurzen Arbeitsweg von 10 Kilometern braucht er mehr als zwei Stunden täglich.
Die Wohnung von 50 Quadratmetern teilt er aus Kostengründen mit einem Freund. Eine eigene Wohnung für eine Familie ist für Mark dagegen unerreichbar. Er hat es ausgerechnet: Dafür müsste er während 50 Jahren den ganzen Lohn auf die hohe Kante legen, dürfte keinen Rappen für Essen und Trinken, Kleider oder Freizeitvergnügen ausgeben.
Also muss sich Mark entscheiden – ledig bleiben oder weg ziehen aus Peking. Denn wollte er eine Familie gründen, müsste er nach alter Sitte über ein eigenes Haus oder mindestens eine eigene Wohnung verfügen. Die einzige Chance wäre der Umzug in eine der Satellitenstädte der Grossagglomeration Peking.
Tristes Leben in der Satellitenstadt
Mindestens drei Millionen junger Chinesen aus dem aufstrebenden Mittelstand haben in den vergangenen Jahren diesen Schritt gemacht. Sie sind nach Yanjiao, Xianghe oder ein gutes Dutzend anderer Städte umgezogen, zwischen 35 und 50 Kilometer von Peking entfernt. Vor fünf Jahren noch Kleinstädte mit etwa 100‘000 Einwohnern, überschreitet die Bevölkerungszahl demnächst die Millionengrenze. Meistens sind es gesichtslose Schlafstädte ohne Freizeitangebote.
Allerdings: Den Grossteil ihrer arbeitsfreien Zeit verbringen viele Einwohner dieser Satellitenstädte ohnehin unterwegs – mit stundenlangem Pendeln zwischen Büro und Wohnung. Da bleibt kaum Zeit für das eigene Kind, das nicht selten in der Obhut der Grosseltern aufwächst.
Geisterstädte im Grünen
Wirklich «im Grünen» wohnen könnten die Besitzer der Villenstadt Jing-Jin-Cheng – auf einem Areal etwa dreimal so gross wie die Stadt Genf. 3000 Häuser sind bereits verkauft, aber der grösste Teil steht leer. Dies soll sich für die Käufer trotzdem lohnen: Weil die Immobilienpreise in der Region Peking jedes Jahr um 30 Prozent steigen, spekulieren die Eigentümer auf eine Wertsteigerung. Solche Geisterstädte gibt es in China an vielen Orten – und sie treiben die Spekulation mit Immobilien zusätzlich an.