Nach den jüngsten Terroranschlägen in Frankreich verzichten mehrere französische Medien bewusst auf Bilder von den Attentätern. Man wolle damit eine «posthume Glorifikation» der Attentäter verhindern, schrieb Jérôme Fenoglio, Chefredaktor der Tageszeitung «Le Monde», am Mittwoch in einem Leitartikel zur Begründung.
Die Debatte sei auch in anderen Redaktionen geführt worden, weiss Rudolf Balmer, SRF-Mitarbeiter in Paris. «So hat zum Beispiel die katholische Tageszeitung ‹La Croix› sofort nachgezogen.» Der Nachrichtensender BFMTV schloss sich dem an.
«Wir wollen kein Terroristenalbum erstellen», hiess es in einem Artikel auf der Seite des Senders. Insbesondere Fotos, auf denen die Täter lachten, seien neben den Bildern der Opfer unangebracht. Einer tiefgründigen Berichterstattung über das Profil und den Werdegang der Täter stehe dies nicht im Weg, schreibt BFMTV.
Nötige Information oder Verherrlichung?
Laut Balmer halten es diese französischen Medien für problematisch, wenn Opfer und Täter in den Medien visuell gleich behandelt werden. Denn: «Mit den Fotos werden aus Massenmördern plötzlich Menschen. Es besteht die Gefahr, dass man diese Terroristen glorifiziert und man Leute zur Nachahmung anstiften könnte.»
Gegen den Entscheid, auf Bilder von Terroristen zu verzichten, ist die Tageszeitung «Libération». Deren Chefredaktor sagte, es gebe einen klaren Unterschied zwischen einer Information mit Bildern und einer Verherrlichung im Sinne der IS-Propaganda.
Front National wittert Verschwörung
Vereinzelte Politiker haben bereits reagiert. So hat Marion Maréchal-Le Pen, Front-National-Abgeordnete und Enkelin des Parteigründers, den Verdacht geäussert, die Zeitungen wollten damit etwas verheimlichen – «und vor allem nicht zeigen, dass irgendeine Verbindung besteht zwischen Terrorismus und Immigration», so Balmer. Mit dieser Sicht stehe sie aber ziemlich alleine da.
Derweil möchte die Regierung in Paris prüfen, wie sinnvoll es ist, jeweils sehr schnell die Identität der Attentäter öffentlich zu machen. «Es ist in Frankreich bisher üblich gewesen, sofort die vollen Namen von Verdächtigen oder Tätern zu nennen», erklärt der Journalist. «Das ist eine Praxis, die ohnehin überdacht werden muss.»