Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hielt sich nicht an diese Regel. Ihr Zielpublikum waren durchaus die Nationenvertreter im Plenarsaal. Wenn es weltweit 120'000 Friedenssoldaten brauche, wenn es 60 Millionen Vertriebene gebe, wenn Millionen dynamischer, gut qualifizierter junger Menschen ihre Heimat verlassen wollten – nicht nur solche aus Entwicklungsländern, sondern auch aus reichen Nationen –, dann müsse man sich fragen: Was läuft da schief in der UNO?
In allzu vielen Staaten sieht die Schweizer Bundespräsidentin die Chancen der Jugend durch Korruption, soziale Ungerechtigkeit und mangelnden Respekt vor Menschenrechten bedroht. In allzu vielen Krisen habe man zuvor die Prävention und danach die Aufgleisung eines robusten, nachdrücklich durchgesetzten Friedensprozesses versäumt.
Grossmächte sollen auf Veto verzichten
Nicht alles lasse sich via UNO korrigieren, aber einiges schon, ist Sommaruga überzeugt. Sie fordert eine engagiertere UNO-Menschenrechtspolitik und kündigt für 2016 eine neue Kandidatur der Schweiz für den UNO-Menschenrechtsrat an. Und sie fordert, dass die fünf Grossmächte im UNO-Sicherheitsrat auf ihr Veto verzichten, wenn über Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord entschieden wird. Diesem Anliegen der Schweiz schliessen sich immer mehr Länder an.
Nur in einem Punkt vertritt Sommaruga ureigene Schweizer Interessen. Sie fordert die UNO-Generalversammlung auf, endlich die Gelder zu sprechen für die überfällige Renovierung des Palais des Nations in Genf. Je länger das nicht passiert, umso stärker ist der UNO-Standort Genf gefährdet.