Keiner kennt Francisco Correa. Einzelheiten aus seinem Leben sind rar. Er blieb meist im Hintergrund. Für seine Geschäfte war das besser. Vielleicht stimmt auch, dass ihm nie jemand wirklich nahestand. Er hat seine «amigos» ausgenutzt. Und sie ihn. Freunde hatte er wohl nicht.
Fotos gibt es vor allem aus der Zeit seit seiner Verhaftung im Februar 2009. Ein hagerer Mann, kantiges Gesicht. Die grau melierte Mähne nach hinten gekämmt und mit Brillantine an den Kopf geklebt. Der Bart schon weiss. Knapp über 60 soll Correa sein. Ein Salonlöwe. Würde man vermuten. An einen Kriminellen denkt man kaum. Aber: Wie sieht denn ein Krimineller schon aus?
Ein Laufbursche
Correa wurde in Marokko geboren. In Casablanca. Er war noch ein Kind, als er mit den Eltern nach Spanien zurückkam und schon mit 13 in einem Hotel zu arbeiten begann. Als Laufbursche. «Botones» nennt man die in Spanien, wegen der vielen Knöpfe an der Livree. Hier mag er erstmals einen Blick auf jene geworfen haben, die in gutes Tuch gekleidet sind. Die Geld haben und befehlen können. Er kam nicht mehr von ihnen los.
Die Biografie Correas bleibt bruchstückhaft: eine gescheiterte erste Ehe, ein Sohn, der krank zur Welt kommt und im Alter von 13 stirbt. Correa soll ihn kaum je gesehen haben. Er war bereits auf der Jagd – nach Beziehungen, nach Geld, nach Status.
Im Dienst der PP
In den 1990er Jahren fand er die Quelle, die nie mehr versiegen sollte: die konservative Partei PP. Es war die Zeit unter Ministerpräsident Aznar. Correa erledigte erst Reisegeschäfte für die Partei und fing dann an, grössere Anlässe und schliesslich Kampagnen-Meetings zu organisieren. Hunderte waren es insgesamt.
Er war teuer, aber zuverlässig und gut. Und das blieb er, auch als er mit den reichen Vororten Madrids ins Geschäft kam. Boadilla, Pozuelo, Majadahonda, Arganda. Und später sein Geschäftsfeld nach Valencia verlegte. Er ergatterte Aufträge für Infrastrukturbauten, für Serviceverträge wie die Müllabfuhr und ähnliches. Alles wurde unter der Hand vergeben und der öffentlichen Kontrolle entzogen, damit die überrissenen Rechnungen nicht für unliebsame Fragen sorgen konnten.
An den Tischen der Mächtigen
Correa muss ein fintenreicher Verführer gewesen sein. Er hatte schlicht überall Zugang. Nicht nur in den Rathäusern bei den Vorortsfürsten, auch in der Parteizentrale an der Calle Genova in Madrid. Ministerpräsident Aznar lud ihn 2002 zur Hochzeit seiner Tochter ein. Auch der König war da. Und Tony Blair. Und einige Grössen der Partei, die heute mit Correa auf der Anklagebank sitzen.
Es war eine Zeit, in der die Konservativen alles zu kontrollieren glaubten. Die Parteikasse füllte sich mit Schwarzgeld von Unternehmern, die Aufträge bekommen haben. Das muss man annehmen. Aber damit wird sich das Gericht nun beschäftigen.
Correa und seine Kumpane waren sich bewusst, dass sie Gesetze verletzten, dass sie auf Raubzug waren. Der eitle Correa soll sich selbst gern «Don Vito» genannt haben – eine Anspielung auf den Film-Mafia-Paten Vito Corleone. Und der Mafia gleich haben er und seine Komplizen ihre Beute rund um die Welt hin- und hergeschoben, um Spuren zu verwischen. Am Ende landete viel Geld auch auf Schweizer Konten.
In der Falle
Der ganze Skandal platzte just, als in Spanien die grosse Wirtschaftskrise ausbrach und Millionen Menschen um ihre Arbeit brachte. Die Arroganz der Machtelite führte in die politische Krise, in der das Land bis heute steckt.
Ob der Prozess in Madrid die Konservativen noch in Bedrängnis bringen kann, weiss heute niemand. Correa aber hat erkannt, dass er in der Falle sitzt und will darum vor Gericht alles erzählen, was er weiss. Ganz ruhig wird man in der Parteizentrale des PP nicht sein.