165 gigantische Windräder stehen in Milford. Die Anlage versorgt 6000 Haushalte in Kalifornien mit Strom, 800 km entfernt. Bill Dent überwacht diese Windenergieanlage. «Die Wind-Turbinen liefern saubere Energie, sind leise und funktionieren. Das ist das Beste daran.»
Es war ein Lehrer der lokalen High School, der die Windenergie nach Milford brachte. Bill Dent erzählt: «Der Lehrer erzählte mir, dass der Wind früher allen hier lästig gewesen sei, auch ihm auf seiner Farm. Als er eines Tages ein Brett in die Luft hielt, fiel ihm die gewaltige Energie des Windes auf. Er sagte sich: Wir sollten diese Energie nutzen.»
Vom Schulprojekt zur Windfarm
Aus dieser Erkenntnis entstand ein Schulprojekt. Seine Schüler stellten einen Windmessturm auf. Der Lehrer kontaktierte die Firma First Wind und zeigte ihr die Messdaten. Die Firma baute schliesslich den Windpark, 2011 ging die Anlage ans Netz.
Dillon Bell war einer der Schüler und ist heute einer von 21 Arbeitern auf der Windfarm. Er sagt: «Die Kohle wird mit der Zeit aufgebraucht sein. Der Wind wird aber immer blasen und die Sonne immer scheinen. Diese sind zwar als Energieerzeuger weniger effizient, aber sie sind unbegrenzt vorhanden. Das ist gut, denn wir werden immer Energie brauchen.»
Ich glaube nicht an den Klimawandel. Es gab immer Wetter-Zyklen. Das Problem ist nicht so gross, wie es dargestellt wird.
Die Regierung von Barack Obama unterstützt Anlagen wie die Windfarm in Milford mit Steuergutschriften und Kreditgarantien. Sie will damit den Klimawandel bekämpfen.
Diese Bedenken teilt Bell nicht. «Ich glaube nicht an den Klimawandel. Es gab immer Wetter-Zyklen. Das Problem ist nicht so gross, wie es dargestellt wird.»
Milford entstand als Bergbau- und Ranchergemeinde. Mit dem Bau der Güterbahn wurde Milford zum wichtigsten Umschlagplatz im Süden Utahs.
Nun breitet sich eine Industrie der Zukunft aus: Die Ortschaft mit 1400 Einwohnern erlebt einen einmaligen Boom an erneuerbarer Energie. Neben der Windkraftanlage befinden sich um Milford mehrere Solaranlagen, vier Geothermie-Kraftwerke sowie eine Biogasanlage, die Methan aus der lokalen Schweinefarm nutzt.
Lokalpolitiker im Clinch
Der grösste lokale Botschafter für die erneuerbare Energie ist Mark Whitney. Whitney ist einer der drei Männer in der Regierung der Region Beaver County, zu der Milford gehört. «Wir haben einen Plan entwickelt, um mehr Investitionen in erneuerbare Energie anzuziehen. Wir begrüssen alle Investitionen in diesen Sektor hier, wir sind das Erneuerbare-Energie-Zentrum der Welt.» Whitney ist überzeugt, dass gerade eine ländliche Region wie diese vom Boom profitieren kann.
Bei Fragen zum Klimawandel verwirft der Lokalpolitiker die Hände: «Ich befasse mich nicht damit, denn ich habe dazu keine wissenschaftlichen Daten gesehen. Momentan kann mir niemand die wissenschaftlichen Daten zum Klimawandel zeigen. Deshalb glaube ich nicht daran.»
Klage gegen Klimapolitik Obamas
Er folgt damit der Rhetorik seiner Partei, die sagt, dass der Klimawandel nicht menschgemacht sei. Utah ist einer der 21 republikanisch regierten US-Bundesstaaten, die gegen die Klimapolitik Obamas geklagt haben. Dank dem sog. Clean Power Plan sollen Kohlekraftwerke abgestellt und erneuerbare Energie gefördert werden.
Der Vizedirektor der Behörde für Energieentwicklung in Utah, Jeffrey Barrett, erklärt. «Wir haben geklagt, weil wir wie andere US-Bundesstaaten denken, dass die nationale Regierung uns keine Vorschriften machen soll über unser Energieportfolio. Ausserdem sind die CO2-Emmissionen aus der Energieerzeugung im letzten Jahr alleine um 12 Prozent gesunken. Die Vorschrift, sie bis 2030 um 30 Prozent zu senken, ist also überholt, weil es sowieso schneller geht.» Die Trends auf dem Energiemarkt würden den Wandel viel stärker vorantreiben, als es die Klimapolitik tue, sagt Barrett.
Markt führt den Wandel herbei
Obwohl die Klimapolitik Obamas noch gar nicht in Kraft ist, ist der CO2-Ausstoss aus Kraftwerken in den USA auf ein 20-Jahrestief gesunken. Während Energie aus Wind, Sonne und Erdgas stark zunimmt, werden immer mehr Kohlekraftwerke abgestellt. Für Utah ist das problematisch. Denn drei Viertel des Stroms, der in diesem US-Bundesstaat erzeugt wird, stammen noch immer aus der Kohleverbrennung.
Bei der Behörde aber zeigt sich Resignation, dass die Kohlekraftwerke verschwinden werden. Sie versucht, den Schaden zu begrenzen: «Utah hat zwar viele Arbeitsplätze in den Kohlekraftwerken. Aber noch mehr Menschen arbeiten im Kohlebergbau.» Und weiter: «Wir möchten den Bergbau beibehalten, egal wo die Kohle gebraucht wird. Das sind gute Arbeitsplätze, die für Generationen ganze Gemeinschaften am Leben erhalten haben», erklärt Barrett.
Die US-amerikanische Energiewende
Kohle gegen erneuerbare Energie, so wird der Konflikt in Utah und anderswo in den USA zugespitzt. Bill Dent lebt mitten in diesem Widerspruch. Er stammt aus der Gemeinde Delta. Der Ort lebt von einem Kohlekraftwerk, das vierhundert Menschen beschäftigt. Werde es abgestellt, so wäre das ein grosses Unglück, sagt er. Würde man den Strom aus dem Kohlekraftwerk in seiner Heimat mit erneuerbarer Energie ersetzen, so wäre nur ein Sechstel der Angestellten nötig, um diese Anlagen zu betreiben, rechnet er vor.
Im Gegensatz zu den meisten Menschen in Milford denkt der Windparkaufseher, dass der Klimawandel menschgemacht ist. Er sagt aber, es brauche alles, auch Kohlekraft. So bleibt Dent gefangen zwischen seiner Industrie und seiner Heimat, hin- und hergerissen inmitten der US-amerikanischen Energiewende, die in abgelegenen Orten wie Milford, Utah, rasant voranschreitet.