Bei einem russischen Luftangriff auf ein Gefängnis im Nordwesten Syriens sind laut Aktivisten am Samstag mindestens 57 Menschen getötet worden.
Darunter waren zahlreiche Kämpfer der radikal-islamischen Al-Nusra-Front, die die Haftanstalt eingerichtet hatte. Das teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Zuvor war von mindestens 39 Toten die Rede gewesen.
Der Gefängniskomplex der mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbündeten Miliz befindet sich demnach in der Nähe eines belebten Marktes der Ortschaft Maarat al-Numan in der Provinz Idlib. Die Islamisten hielten dort Kämpfer rivalisierender Rebellengruppen gefangen.
Viele lebensbedrohlich verletzt
Unter den Toten seien neben 23 Al-Nusra-Kämpfern und mehreren Gefangenen auch 21 Zivilisten gewesen, unter ihnen ein Kind und zwei Frauen, berichtete die Beobachtungsstelle. Nach ihren Angaben könnte die Zahl der Toten weiter steigen, da der Zustand von 30 Verletzten lebensbedrohlich sei.
Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Grossbritannien stützt sich auf ein Netzwerk von Aktivisten vor Ort, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.
Russland fliegt seit September Luftangriffe in Syrien - nach eigenen Angaben gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Der Westen hegt allerdings den Verdacht, dass die russischen Angriffe eher dem Ziel dienen, Staatschef Baschar al-Assad zu stützen.
Hilfe für belagerte Städte verzögert
Unterdessen lässt die dringend benötigte Hilfe für die hungernden Bewohner der belagerten Städte Madaja, Fua und Kafraja weiter auf sich warten. Wegen «logistischer Probleme» würden die Hilfslieferungen nicht wie geplant heute Sonntag dort eintreffen, sagte der Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Pawel Krzysiek, in Damaskus. «Wir arbeiten aber hart daran, dass sie am Montag verteilt werden können».
Die UNO schätzt die Zahl der dringend Hilfsbedürftigen allein in Madaja auf 40'000, die Hälfte davon Kinder. Trotz mehrfacher Aufforderungen der Vereinten Nationen, Hilfslieferungen in die belagerten Städte zuzulassen, war dies monatelang verweigert worden. Am Donnerstag willigte die Regierung in Damaskus jedoch ein, Hilfskonvois durchzulassen.
Madaja wird seit rund einem halben Jahr von Regierungstruppen belagert, Fua und Kafraja in der Provinz Idlib sind von Kämpfern der Rebellen eingekesselt. Vor allem in Madaja ist die Lage nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen (MSF) dramatisch. Demnach starben dort bereits 23 Menschen an Hunger, darunter sechs Babys.
Gespräche weiter nur unter Bedingungen
Das syrische Regime ist inzwischen zwar bereit zu Friedensgesprächen mit seinen Gegnern, fordert aber vorher eine Teilnehmerliste der Opposition. Aussenminister Walid al-Muallim verlangte an einem Treffen mit dem UNO-Sondergesandten Staffan de Mistura in Damaskus ausserdem eine Aufstellung aller Rebellenbrigaden, die als Terrorgruppen eingestuft würden, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete.
Die internationalen Gemeinschaft hatte sich im vergangenen Jahr auf Friedensgespräche geeinigt. Beginnen sollen die Verhandlungen am 25. Januar. In Syrien tobt seit fünf Jahren ein Bürgerkrieg, in dem mehr als 250'000 Menschen ums Leben gekommen sind.