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International Syrien: Übergangs-Premier gewählt – Angriff auf Assads Palast

Die syrische Opposition einigt sich zwei Jahre nach Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime auf einen Ministerpräsidenten. UNO-Chef Ban Ki Moon ruft erneut zu politischer Lösung auf. Eine Oppositionelle soll zu Tode gefoltert worden sein.

Der Regimekritiker Ghassan Hitto ist von der syrischen Opposition zum Ministerpräsidenten einer Übergangsregierung gewählt worden. Das berichteten Assad-Gegner nach der Abstimmung in Istanbul in der Nacht.

Der aus Damaskus stammende Hitto ist Jahrgang 1963. Er hat eine Karriere als IT-Fachmann hinter sich. Er hatte in den vergangenen Jahren mit seiner Familie in den USA gelebt und war erst vor kurzem in die Türkei umgezogen, um sich der Hilfe für die syrischen Flüchtlinge und Vertriebenen zu widmen.

Regierungssitz in «befreiten Gebieten»

Die Oppositionellen, die seit Montagmorgen in einem Hotel tagten, erklärten, die von Hitto zu bildende Regierung werde ihren Sitz in den «befreiten Gebieten» von Syrien haben. Die Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad hatten lange darüber gestritten, ob jetzt schon der richtige Zeitpunkt für die Bildung einer eigenen Regierung gekommen sei.

An der Abstimmung über den Regierungschef nahm die Führungsriege der Nationalen Syrischen Koalition unter Leitung von Muas al-Chatib teil. Die Mitglieder der oppositionellen Koalition durften sich nicht um den Posten bewerben.

«Hitto muss Radikale einbinden»

Für den Nahost-Korrespondent Philipp Scholkmann ist die Wahl Hittos ein Meilenstein auf dem Weg zu einem neuen Syrien. Lange sei der Opposition vorgeworfen worden, sie könne sich nicht auf eine Linie oder Person einigen. Nun sei diese zwar gefunden, allerdings «bleibt die Frage, ob die relativ unbekannte Person nicht eher eine Verlegenheitslösung ist», sagt Scholkmann.

Vertraute würden Hitto als Manager und Technokraten beschreiben. Diese Eigenschaften müssten aber «kein Nachteil sein, wenn es darum geht, aus dem Nichts zivile Strukturen aufzubauen», glaubt Scholkmann. Hittos Hauptproblem werde aber sein, die radikalen Rebellengruppen einzubinden und unter seine Verwaltung zu stellen.

Assads Palast unter Feuer

Militärisch spitzte sich die Lage am Montag erneut zu. Rebellen feuerten nach eigenen Angaben mehrere Granaten auf den Präsidentenpalast in Damaskus ab. Laut Augenzeugen schlugen sie jedoch nicht im Palast, sondern in einem angrenzenden Garten ein.

Syrische Kampfjets bombardierten erstmals ein Gebiet im benachbarten Libanon. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen schlugen zwei Raketen in einem unbewohnten grenznahen Gebiet in der Bekaa-Ebene ein.

59'584 Tote gezählt

Der Montag war für die Regimegegner ein historisches Datum. Am 18. März 2011 hatte es in der Provinz Daraa die ersten Massenproteste gegen Assad gegeben.

Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter erklärte, sie habe seither 59'584 Tote gezählt. Die Dunkelziffer und die Zahl der Verschwundenen sei jedoch hoch, so dass die Zahl insgesamt wohl bei über 72'000 liegen dürfte. Regimegegner zählten am Montag landesweit 59 Tote.

Ban warnt vor völliger Zerstörung

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon rief aus Anlass des zweiten Jahrestags die Konfliktparteien erneut zu einer politischen Lösung auf, solange noch Zeit sei, eine völlige Zerstörung Syriens abzuwenden.

Ban verlangte von dem in der Syrien-Frage weiterhin zerstrittenen UNO-Sicherheitsrat, zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen und den Vermittler Lakhdar Brahimi voll zu unterstützen.

Studentin zu Tode gefoltert?

Mehrere Studenten wurden am Montag nach Angaben von Aktivisten in der Wohnanlage der Universität von Damaskus festgenommen, nachdem dort regimekritische Flugblätter verteilt worden waren. Am Vortag hatten Kritiker des Regimes von Präsident Baschar al-Assad mitgeteilt, die Studentin Rehab Mohammed al-Allawi sei in einem Gefängnis der Sicherheitskräfte zu Tode gefoltert worden.

Wie die regimekritische Website «All4Syria» meldete, gab es auch in der Abderrahman-Al-Kawakibi-Oberschule im Stadtteil Al-Midan Festnahmen.

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