Nach dem Angriff auf das kanadische Parlamentsgebäude in Ottawa hat die Polizei die Sperren in der Innenstadt aufgehoben. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass für die Bürger keine Gefahr bestehe, erklärte die Polizei am Mittwochabend. Allerdings bleibe das Gebiet rund um das Parlament noch abgeriegelt.
Kanada verstärkt Kampf gegen Terror
Kanadas Premierminister Stephen Harper kündigte ein stärkeres Engagement seines Landes im Kampf gegen den internationalen Terrorismus an. «Kanada wird niemals eingeschüchtert sein», sagte er bei einer TV-Ansprache.
«Wir werden unsere Anstrengungen im Kampf gegen internationale Terror-Organisationen verstärken und noch einmal verdoppeln. Es wird für sie keinen sicheren Ort geben.» Das Attentat am Mittwoch sei «brutal und gewalttätig» gewesen, sagte Harper und sprach den Angehörigen des getöteten Soldaten sein Beileid aus. Weitere Details zu der Attacke nannte Harper nicht.
Die Behörden suchen weiter nach möglichen Hintermännern der Bluttat. Polizei und Justizbehörden halten sich aber mit Angaben zu dem Verbrechen stark zurück. Inzwischen ist immerhin klar, dass es sich um einen Einzeltäter handelte. Zur Frage, ob es einen islamistischen Hintergrund gebe, nahm die Polizei nicht Stellung.
Spekulationen über den Täter
Weil die Polizei selber nicht informiere, übernähmen dass dafür umso mehr die lokalen Medien, berichtet SRF-Korrespondentin Karin Bauer. Gemäss kanadischen Medien soll der Täter ein islamischer Konvertit gewesen sein. Er hat ein langes Vorstrafenregister, darunter Drogendelikte und Raubüberfälle. «Laut dem kanadischen Geheimdienst soll er hoch gefährlich sein, darum hat man ihm auch den Pass entzogen. Wenn das alles stimmt, wäre das genau dasselbe Verhalten wie beim anderen Täter, dem Konvertit vom Montag, der einen Soldaten erschossen hatte. Und auch ihm hat man den Pass weggenommen», sagt Bauer.
Ob es eine Verbindung zwischen den zwei Tätern gebe, sei nicht bekannt. Ministerpräsident Harper habe Aufklärung für die nächsten Tage versprochen. Für Bauer liegt ein möglicher Grund für die Anschläge darin, dass Kanada sechs Kampfflugzeuge in den Irak im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) geschickt hat. «Zudem war Kanada Alliierter im Afghanistan-Krieg. Premier Harper hat auch angekündigt, dass er das Antiterror-Gesetz verschärfen will und ein Sprecher des IS hat vor einem Monat zu Vergeltungsschlägen in der ganzen Welt aufgerufen – und dabei auch Kanada genannt.»
Laut lokalen Medienberichten handelt es sich bei dem mutmasslichen Attentäter um einen 32-jährigen kanadischen Staatsangehörigen. Der bei dem Anschlag ums Leben gekommene Mann sei erst kürzlich als «Reisender mit hohem Sicherheitsrisiko» («high risk traveller») eingestuft worden, berichtete die Zeitung «Globe and Mail» unter Berufung auf Behördenquellen.
In weiteren Medienberichten hiess es, er stehe auf einer Liste von 90 Personen, die wegen möglicher Terrorgefahr beobachtet werden. Der TV-Sender NN berichtete unter Berufung auf nicht genauer beschriebene Quellen, der mutmassliche Attentäter sei kürzlich zum Islam übergetreten. Bislang wurden diese Angaben von offizieller Seite nicht bestätigt.