Wegen Streiks der Kulturschaffenden haben in Frankreich bereits einige Kulturveranstaltungen gestrichen werden müssen. Nun könnte es auch eines der grössten Festivals Frankreichs treffen: das Tanz- und Theaterfestival in Avignon, das im Juli beginnt.
Fast 130‘000 Zuschauer hatten das Festival in Avignon im vergangenen Jahr besucht. Frankreich sei ein Tourismusland, sagt SRF-Korrespondent Ruedi Mäder im Gespräch. «Würde das Festival ins Wasser fallen, dann wäre das eine Katastrophe.»
Unregelmässige Auslastungen
Die Kulturschaffenden wehren sich gegen eine Verschlechterung ihrer Arbeitslosenversicherung. Für Bühnenbildner, Techniker und Regisseure beispielsweise galten bislang Sonderregelungen, die der Unregelmässigkeit ihrer Arbeit Rechnung tragen.
«Ihre Arbeit ist abhängig von Aufführungen und Festivals», so Mäder. «Perioden der Überbeschäftigung und des Stresses lösen sich ab mit Perioden ohne Arbeit. Das spiegelt die Sonderregelung in der Arbeitslosenversicherung.» Diese Privilegien sollen nun per 1. Juli teilweise gestrichen werden. Es fehlt nur noch die Unterschrift des Arbeitsministers. Die Streikenden fordern den Minister auf, das Papier nicht zu unterschreiben.
Die Kulturschaffenden sind gut organisiert und haben eine starke Lobby. Ihr Wort habe grosses Gewicht, so Mäder. «Sie werden gehört. Da kann sich eigentlich kein Minister erlauben, etwas zu tun, das diese Sonderstellung im kulturellen Bereich gefährdet.»
Einigung ist noch möglich
In den drei Wochen bis zum Festivalbeginn in Avignon sei eine Einigung in dem Streit durchaus noch denkbar, sagt Mäder. «Wir sind immer noch in der Verhandlungsphase.» Die Kulturschaffenden betonen, es gehe ihnen nicht darum, die Festivals im Sommer zu boykottieren. Sie argumentieren, nur für ihre Rechte zu kämpfen.
Der Schutz der Kulturschaffenden in Frankreich gilt im Vergleich mit anderen Ländern als recht hoch. Angesichts der speziellen Arbeitsbedingungen hält Mäder gewisse Sonderrechte bezüglich der Arbeitslosenversicherung für Kulturschaffende aber für durchaus gerechtfertigt.
Sonderregelungen werden missbraucht
Allerdings kommt es auch zu Missbräuchen: So stellen beispielsweise grosse Fernsehanstalten, denen es nicht an Geld mangelt, Techniker und Bühnenarbeiter nur befristet an. «So haben sie billige Arbeitskräfte auf Kosten der Arbeitslosenversicherung», sagt Mäder.
Der Streik in der Kulturszene sorgt in Frankreich für Diskussionen. Das Nachbarland hat ein sehr lebendiges Kulturleben. Das habe seinen Preis, doch seien die Franzosen grundsätzlich bereit, diesen zu bezahlen, so Mäder.