Donald Trump teilt gerne aus – das ist nicht neu. Er hat im Wahlkampf Muslime beleidigt, einen hoch dekorierten ehemaligen Vietnamkriegsgefangenen, diverse Frauen, mexikanische Immigranten, einen Latino-Richter und einen behinderten Journalisten.
Die meisten seiner Anhänger haben sich bislang wenig daran gestört. Er könne auf New Yorks Fifth Avenue stehen und «jemanden erschiessen» und würde trotzdem keine Stimmen verlieren, hatte Trump noch im Januar geprahlt.
Trumps Politik trifft nicht anonyme Gruppen, sondern Menschen
Aber das war, bevor Khizr und Ghazala Khan auf den Plan traten. Mit seiner Reaktion auf die Kritik der Eltern eines gefallenen muslimischen US-Soldaten auf dem Parteitag der Demokraten hat Trump den womöglich grössten öffentlichen Aufruhr seines bisherigen Wahlkampfes ausgelöst.
Was genau ist passiert? Khizr Khan hatte am Donnerstag vergangener Woche mit seiner Frau an der Seite auf der Bühne in Philadelphia Trump angeklagt. Der republikanische Spitzenkandidat habe «bisher nichts und niemanden geopfert», hielt er ihm vor. Und Trump solle nur mal nach Arlington gehen, sich auf dem Friedhof die Gräber von US-Soldaten anschauen – Soldaten aller Ethnien und Glaubensrichtungen.
Stereotypen im falschen Moment bedient
Trump, ob des massiven Angriffs pikiert, holte zum Gegenangriff aus. Er unterstellte nicht nur, dass seine Rivalin Hillary Clinton hinter der Parteitagsrede stecken könnte. Er mokierte sich mit Rückgriff auf ethnische Stereotypen darüber, dass Khans Frau beim Auftritt in Philadelphia geschwiegen hatte – wie sie später erklärte, weil sie vor Trauer und Emotionen nicht habe sprechen können.
Auch er habe eine Menge Opfer gebracht, betonte der Immobilienmogul und führte in diesem Zusammenhang seine beruflichen Errungenschaften an. Doch die Erniedrigung gebrochener Eltern, einer Mutter, die ihr Kind verloren hat – für diesen Angriff Trumps gab es auch aus republikanischen Kreisen harsche Kritik.
«Es gab einmal einige Dinge, die in der amerikanischen Politik geheiligt waren», sagte etwa Senator Lindsey Graham gegenüber der «New York Times». Dinge, die sich nicht gehörten, «wie die Eltern eines gefallenen Soldaten zu kritisieren, selbst wenn sie dich kritisieren. Wenn du Führer der freien Welt sein willst, musst du in der Lage sein, Kritik einzustecken. Und Herr Trump kann das nicht.»
Trump geriet immer mehr in den Schlamassel hinein
Noch lässt sich schwer abschätzen, wie gross der Schaden ist, den sich Trump selber zugefügt hat. Aber der neue Wirbel entstand just, nachdem viele innerparteiliche Kritiker – wenn auch zähneknirschend – damit begonnen hatten, sich mit Trump abzufinden.
Während seine demokratische Rivalin Hillary Clinton zum Auftakt der heissen Wahlkampfphase mit einem Bus durch möglicherweise wahlentscheidende Staaten tourte, war Trump das ganze Wochenende mit Schadensbegrenzung beschäftigt – ohne den Schaden zu begrenzen.
Im Gegenteil: Er schien sich immer tiefer in den Schlammassel zu reden und zu twittern – «als würde er irgendwie überhaupt nicht begreifen, was er da anrichtet», sagte ein CNN-Kommentator.
So nannte Trump zwar schliesslich den Sohn der Khans einen Helden – aber um gleich einzuschränken, dass der Vater ihn auf dem Parteitag in Philadelphia «bösartig angegriffen habe. «Ist es mir nicht erlaubt zu antworten? Hillary hat (damals) für den Irakkrieg gestimmt, nicht ich!» wetterte er.