In der ganzen Türkei gingen Menschen auf die Strasse um jenem Jugendlichen zu gedenken, der während der Gezi-Unruhen verletzt wurde und später starb. Die Polizei ging mit Gewalt gegen die Demonstranten vor und setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.
Im Istanbuler Stadtteil Okmeydani, in dem der 15-jährige Berkin Elvan tödlich verletzt worden war, gab es Zusammenstösse mit linksextremen Regierungsgegnern, wie ein AFP-Fotograf beobachtete. Die Bereitschaftspolizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Die Demonstranten warfen Steine und Molotowcocktails.
«Berkin ist hier»
Auf dem Taksim-Platz ging Istanbuls Polizei gegen eine Gruppe Demonstranten vor, die sich an den Händen hielt und ein Banner mit der Aufschrift «Berkin ist hier» zeigte. Indem sie eng beieinander blieben, versuchten sie die Festnahmen durch die Beamten in Zivil zu verhindern. Anschliessend wurden sie abgeführt; es gab zehn Festnahmen, wie der Sender CNN-Turk berichtete.
In Ankara setzte die Polizei Wasserwerfer gegen Demonstranten ein. Zudem wurden laut örtlichen Medien elf Menschen wurden festgenommen. Auch im westtürkischen Izmir wurde demnach eine Demonstration beendet.
Keine Anklage möglich
In einem Appell an die Politiker des Landes kritisierte der Intellektuellen-Verband «Sanat Meclisi», dass die Verantwortlichen für den Tod des 15-jährigen Elvan am 11. März 2014 noch nicht ermittelt worden sind. Der Knabe ist zu einer Symbolfigur für die Opfer von Polizeigewalt geworden.
Nach Angaben der Anwältin der Hinterbliebenen, Aycan Cicek, stehen die Untersuchungen des Vorfalls still. Der Tagezeitung «Evrensel» sagte Cicek, die Behörden weigerten sich, die Namen der damals diensthabenden Polizisten herauszugeben. Daher könne keine Anklage erhoben werden.
Berkin Elvan war im Jahr 2013 während der Gezi-Unruhen in Istanbul von einer Tränengaskartusche der Polizei am Kopf getroffen worden und hatte mehrere Monate im Koma gelegen. Nach seinem Tod vor einem Jahr nahmen hunderttausende Menschen an seiner Beisetzung teil.
Erdogan verteidigt Polizeivorgehen
Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete den Teenager als Mitglied einer Terrororganisation, der mit einer Steinschleuder bewaffnet gewesen sei. Elvans Eltern sagen dagegen, der Knabe sei unterwegs gewesen, um Brot zu kaufen, als er getroffen wurde.
Insgesamt wurden während der wochenlangen Gezi-Proteste, die sich an einem Bauprojekt der Regierung im kleinen Istanbuler Gezi-Park entzündeten, mindestens acht Menschen getötet. Regierungskritiker werfen den Behörden vor, gewalttätige Polizisten vor der Strafverfolgung zu schützen.